Gewalt

Frauenhaus St.Gallen bietet seit 40 Jahren Schutz

24.03.2021, 19:40 Uhr
· Online seit 24.03.2021, 19:38 Uhr
Die Polizeieinsätze wegen häuslicher Gewalt sind 2020 zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder angestiegen. Fast 1200 Mal muss die St.Galler Polizei ausrücken. Auch das Frauenhaus St.Gallen spürt eine stärkere Auslastung. Bereits seit 40 Jahren bietet es Frauen, die physische oder psychische Gewalt erleben, einen Zufluchtsort.

Quelle: tvo

Anzeige

Johanna ist eine von vielen Frauen, die über Monate hinweg von ihrem Ex-Partner massive psychische Gewalt erlebt hat. Jeden ihrer Schritte hat er kontrolliert und überwacht. «Er hat massive Drohungen ausgesprochen. Er werde mich umbringen, wenn ich ihn verlasse. Meine Kinder haben viele der Streitereien mitbekommen. Das war nicht das Leben, das wir uns erwartet hatten», sagt Johanna gegenüber TVO.

Flucht vor dem Ex-Partner

Nach aussen eine goldene Fassade und im Innern eine katastrophale Stimmung. So umschreibt Johanna - die anonym bleiben möchte - die Zeit mit ihrem Ex-Partner. Von einem Tag auf den anderen habe sie gemerkt, dass sie vor ihrem Mann fliehen müsse. Mit ihren beiden Kindern, welche aus einer früheren Beziehung stammen, taucht sie im Ausland unter. Immer mit der Angst im Hinterkopf, von ihrem Ex-Partner gefunden zu werden, weil er sie verfolgte.

Schlussendlich sucht sie Schutz im Frauenhaus St.Gallen. «Beim ersten Kontakt mit der Frau, die mich abgeholt hat, habe ich mir gedacht, dass jetzt alles gut ist. Wir wurden so wohlwollend aufgenommen. Es war wie ein Heimkommen.»

Dieses Zuhause hat vor Johanna schon hunderten von Frauen Zuflucht geboten. Seit 40 Jahren gibt es nun das Frauenhaus St.Gallen. Wie die meisten der Schweizer Frauenhäuser entsteht jenes in St.Gallen aus der Frauenbewegung der 1980er-Jahre heraus. Nach Genf und Zürich wird es als drittes Schweizer Frauenhaus gegründet.

«Frauen konnten nirgends hin»

Schutz vor Gewalt im eigenen Heim gab es zuvor keine. Diesen Missstand bekämpfte Elisabeth Bossart als Mitbegründerin des Frauenhauses: «Frauen konnten nirgends hin. Über das Thema wurde gar nicht gesprochen, es war tabu. Alles, was innerhalb der Ehe war, durfte nicht nach aussen treten. Die Frauen haben sich auch geschämt, dass ihnen all dies widerfährt.»

Gemeinsam mit einer Gruppe von Frauen hat Elisabeth Bossart schon vor dem Frauenhaus misshandelte Frauen versteckt und sie beraten. «Zum Teil haben wir sie bei uns zu Hause aufgenommen. Wir haben sie begleitet und haben ihnen etwas zu Essen gegeben.»

«Spenden zeigen, dass Arbeit wertgeschätzt wird»

In den letzten 40 Jahren hat sich einiges verändert. Zu Beginn haben sich die Gründerinnen mit 7000 Franken aus der Vereinskasse finanziert. Heute gibt es Gelder vom Kanton. Trotzdem ist das Frauenhaus auf Spenden angewiesen. «Es gibt viele treue Spenderinnen und Spender», sagt Silvia Vetsch, Leiterin des St.Galler Frauenhauses. «Diese Spenden sind eine grosse Erleichterung für uns und zeigen, dass die Arbeit wertgeschätzt wird.»

Im Pandemie-Jahr waren die Zimmer des Frauenhauses fast immer besetzt. Vor 40 Jahren wurde das Frauenhaus mit der Voraussicht gegründet, dass dieses irgendwann nicht mehr nötig sein würde. «Das wird im Team öfters zum Thema. Es geht eigentlich darum, unsere eigene Arbeit abzuschaffen. Im Moment ist dem aber nicht so», sagt Silvia Vetsch.

Somit wird das Frauenhaus noch lange Frauen dabei helfen, ein neues Leben anzufangen. So wie Johanna und ihren beiden Kindern, welche seit vier Jahren wieder auf eigenen Beinen stehen.

veröffentlicht: 24. März 2021 19:38
aktualisiert: 24. März 2021 19:40
Quelle: TVO

Anzeige
Anzeige