Fluch und Segen für Landwirte

Hofläden florieren – Grossverteiler bestellen mehr Fleisch

19.03.2020, 06:11 Uhr
· Online seit 19.03.2020, 06:09 Uhr
Durch die Schliessung der Gastrobetriebe haben regionale Bauern wichtige Kunden für ihre Produkte verloren. Manche müssen kreativ werden und setzen auf Online Shopping, andere wiederum haben neue Abnehmer gefunden. Nur die Bauern, die auf den Wochenmarkt gehen, leiden.
Dario Brazerol
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Es ist wohl jetzt schon eines der Unworte des Jahres: Hamsterkäufe. Die aus dem Coronavirus resultierten Weisungen des Bundes haben für ein Beben in der Bevölkerung gesorgt. Die Regale in zahlreichen Lebensmittelgeschäften sind leer gefegt. Da stellt sich die Frage, inwiefern auch die regionalen Bauern und Hofläden von der Situation betroffen sind.

Bauern werden kreativ – Online-Shopping möglich

«Es hat Veränderungen gegeben», sagt Andreas Widmer, Geschäftsführer des St.Galler Bauernverbandes. Auch auf den Höfen und Hofläden seien Hamsterkäufe vor allem bei pflanzlichen Produkten und Eiern zu spüren. Ein grosser und wichtiger Abnehmer der Produkte fällt in nächster Zeit jedoch weg: «Die Bauern können keine Gastrobetriebe mehr beliefern. Die Absatzkanäle sind somit unterbrochen und dies kann zu Rückstaus führen.»

Um nicht auf ihren Produkten sitzen zu bleiben, werden die Bauern kreativ. Teilweise könne man schon bei gewissen Bauernhöfen Online-Bestellungen aufgeben, oder Einkaufskörbe würden verteilt, sagt Widmer. 

Grossverteiler bestellen mehr Fleisch

Für reine Fleischproduzenten, wie beispielsweise Schweinezüchter, welche den Grossteil ihrer Ware an Gastrobetriebe liefern, stellt die neue Situation eine Herausforderung dar. Dort stockt der Absatz. Die Tiere bleiben länger im Stall, es wird weniger geschlachtet. Doch was die Restaurants derzeit nicht brauchen können, übernimmt teilweise der Lebensmittelhandel. So habe beispielsweise die Migros deutlich mehr Schweinefleisch geordert, sodass sogar am Samstag geschlachtet werden musste, sagt Widmer und schaut der aktuellen Entwicklung positiv entgegen: «Der Markt wird sich einpendeln. Mit der aktuellen Lage wird die Bedeutung von Schweizer Produkten zunehmen.»

Gewinnanstieg im Direktverkauf prophezeit

Auch die Stimmung unter den Bauern selbst sei gut, sagt Widmer: «Die Bauern und ihre Lebensmittel erfahren eine neue Wertschätzung. Das freut die Schweizer Bauern – zurecht.» Im Bereich der Direktverkäufe prophezeit der Geschäftsleiter des St.Galler Bauernverbandes den hiesigen Landwirten sogar einen Gewinnanstieg.

Wochenmärkte wieder erlauben

Schwierig werde es allerdings für Bauern, die ihre Produkte hauptsächlich auf Wochenmärkten anbieten. Diese sind bis auf weiteres nicht mehr gestattet. «In Flawil hat letzten Freitag ein einzelner Landwirt seinen Stand aufgestellt. Das ist nun auch nicht mehr möglich. Obwohl die Gefahr, sich dort anzustecken, deutlich geringer ist als in grossen Lebensmittelgeschäften», sagt Widmer. Der Schweizer Bauernverband plant diesbezüglich bei den Bundesbehörden vorstellig zu werden, um Wochenmärkte mit einem reinem Lebensmittelangebot unter gewissen Bedingungen wieder zu ermöglichen.

veröffentlicht: 19. März 2020 06:09
aktualisiert: 19. März 2020 06:11
Quelle: FM1Today

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