HSG-Studentin in Singapur

«Ich muss zweimal täglich Fieber messen»

· Online seit 09.03.2020, 05:36 Uhr
Im Januar für sechs Monate nach Asien reisen – würde man im Nachhinein wohl niemandem mehr empfehlen. Eine HSG-Studentin studiert gerade in Singapur. Nach dem Coronavirus-Ausbruch musste sie fünf Supermärkte abklappern, um eine Rolle WC-Papier zu finden, und seit Semesterbeginn misst sie zweimal täglich ihre Temperatur. Trotzdem fühlt sie sich so sicher wie sonst nirgends.
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Die Swiss streicht Flüge nach Asien, die Unternehmen in der Schweiz kämpfen damit, dass Rohstoffe und Produkte aus China nicht mehr geliefert werden. Studierende, welche in den letzten zwei Wochen in Italien, China oder Singapur waren, dürfen die Universität St.Gallen (HSG) nicht betreten. In Singapur, Hongkong, Shanghai und vielen weiteren Städten im Risikogebiet verbringen gleichzeitig Dutzende HSGler ihr Austauschsemester.

«Metro ist plötzlich wieder voll»

Eine davon ist Nadja. Die 26-Jährige verbringt ihren Austausch in Singapur. Mit 110 Fällen ist Singapur das Land mit den drittmeisten Ansteckungen in Asien. Das kleine Land im Süden von Malaysia hat das Virus mehr oder weniger in den Griff gekriegt, es gibt nur noch wenige neue Infektionen. Dies fällt auch Nadja auf. «Diese Woche ist meinem Mitbewohner und mir aufgefallen, dass die Metro plötzlich wieder voll ist, nur noch wenige tragen eine Schutzmaske.» Das war vor ein paar Wochen noch ganz anders.

Ende Januar, gerade zu der Zeit, als Nadja in Singapur ankam, meldete Singapur die ersten Coronavirus-Fälle. «Die Behörden haben sofort reagiert», sagt die HSG-Studentin aus dem Kanton Nidwalden. Diverse Veranstaltungen wurden abgesagt, zur Uni gehen darf seitdem nur noch, wer gesund ist.

Thermometer für alle

Sprich: Jeder Student und jede Studentin muss zu Hause die Körpertemperatur messen und online hochladen, alle Studierenden haben ein Thermometer erhalten. An der Vorlesung teilnehmen dürfen nur die Fieberlosen. «Ich wollte einmal abends erst nach der Vorlesung meine Temperatur messen. Vor dem Saal stand ein Uni-Angestellter, der mich deshalb nicht hineinliess, ich musste erst Fieber messen gehen.» Ausserdem werden während des Unterrichts Fotos gemacht, wer an welchem Platz sitzt, um nachzuvollziehen, wer angesteckt sein könnte.

WC-Papier, Konserven, Schutzmasken und Desinfektionsmittel vergriffen

Wie auch in den letzten beiden Wochen in der Schweiz gesehen, gab es Panikkäufe der Bevölkerung. «Davon habe ich nur am Rande etwas mitbekommen, bis ich für unsere WG WC-Papier besorgen musste. Ich musste in fünf verschiedene Supermärkte gehen, um eine Rolle Klopapier zu kaufen und erwischte die zweitletzte Packung», sagt die 26-Jährige. Konserven waren wie auch Schutzmasken und Desinfektionsmittel Mangelware.

Mittlerweile hat sich die Situation beruhigt. «Die Panikwelle ist soweit durch und wir kehren zum Alltag zurück.» Wer noch Schutzmasken tragen möchte, bekommt diese mittlerweile vom Staat an bestimmten Stationen gratis zur Verfügung gestellt.

«Fühle mich sicherer als in der Schweiz»

Hört man Nadja zu, entdeckt man viele Parallelen der Situation in Singapur vor einem Monat zur Situation jetzt in der Schweiz. «Ich lese gar keine News mehr aus der Schweiz, ich will es gar nicht wissen. Natürlich betrifft es mich aber trotzdem, vor allem auch wegen meiner Liebsten, dass das Virus jetzt in Europa angekommen ist.»

Ihre Eltern und Freunde wollen Nadja in den nächsten Wochen in Asien besuchen. «Eine Freundin konnte aber nicht kommen, weil ihr Partner, der mitgereist wäre, nach der Rückreise gemäss Vorschriften seines Arbeitgebers erst drei Wochen in Quarantäne hätte ausharren müssen.»

Nadja selbst fühlt sich in Singapur momentan sehr sicher – sicherer sogar als in der Schweiz. «Bei uns sind die Fallzahlen stabil, während sie in der Schweiz steigen. Ich fühle mich hier wahnsinnig sicher und kann den Rest meines Austausches hoffentlich noch in vollen Zügen geniessen.»

veröffentlicht: 9. März 2020 05:36
aktualisiert: 9. März 2020 05:36
Quelle: FM1Today

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