Walensee

Klebrige Substanz im Walensee: Der Kanton steht vor einem Rätsel

· Online seit 15.04.2021, 06:50 Uhr
Eine fragwürdige Substanz im Walensee wirft für den Kanton St.Gallen viele Fragen auf. Auch die von der ETH unterstützte Analyse bringt keine gesicherten Ergebnisse. Fischer und Behörden hoffen, dass sich die Sache von selbst erledigt hat.
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Im Jahr 2020 fischte Berufsfischer Hanspeter Gubser mit schwarzen Netzen. Das nicht etwa freiwillig, seine Netze sind üblicherweise so weiss wie ein jungfräuliches Smokinghemd. Für die schwarze Färbung sorgte eine mysteriöse Substanz im Wasser des Walensees (FM1Today berichtete)

Diese sorgte nicht nur für zusätzlichen Waschaufwand, sondern verklebte die Netze Gubsers zusätzlich. Aus Sicht des Fischers verheerend – denn so erkennen die Fische das Netz und verfangen sich nicht darin.

Auch beim Kanton warf die mysteriöse Substanz Fragen auf. Erst ging man von einer ungewöhnlichen Alge aus. Nachdem das ausgeschlossen werden konnte, startete der Kanton zusammen mit der Eawag (Wasserforschungsstelle der ETH) eine Analyse, die nun vorerst abgeschlossen ist.

Ton und etwas Klebriges 

«Auf der einen Seite waren es Tonmineralien, die aus dem Einzugsgebiet eingeschwemmt wurden. Das ist auch nicht ungewöhnlich», sagt Vera Leib, Abteilungsleiterin Gewässerqualität beim St.Galler Amt für Wasser und Energie.

Dazwischen sei allerdings auch eine hochmolekulare Struktur gewesen, die wohl zu einer Verpappung geführt habe. «Was diese Struktur ist, wissen wir nicht», sagt Leib.

Wahrscheinlich nicht giftig

Die Analyse einer solchen Substanz sei sehr komplex. Das auch, weil der Kanton beim ersten Auftreten erst relativ spät darüber informiert wurde. So hätten sich Teile davon bereits wieder abgebaut. «Nach dem aktuellen Kenntnisstand gehen wir davon aus, dass die Substanz nicht giftig ist», sagt Leib.

Ein Fischsterben habe man nicht feststellen können. Auch der Plankton im See verhalte sich ganz normal. «Es gibt keine Hinweise auf eine toxische Wirkung. Das sagt uns auch Berufsfischer Gubser: Seinen Fischen gehe es blendend», sagt Leib.

Quelle: FM1Today

«Der See ist zu kalt»

Hanspeter Gubser ist von den seltsamen Vorgängen in «seinem» See auch am stärksten betroffen. In diesem Jahr konnte er bislang keine Verschmutzung wahrnehmen. «Allerdings ist es noch etwas zu früh, um das zu beurteilen. Der See ist noch zu kalt», sagt Gubser gegenüber FM1Today. Sobald es wärmer wird, durchmischen sich die Schichten des Sees stärker.

Er hofft natürlich, dass sich dieses Phänomen nicht wiederholt. Falls doch, werde der Kanton diesmal schneller Proben nehmen.

Wo kommt das Zeug her?

Gegen Ende letzten Jahres gab es verschiedene Theorien, woher die fragwürdige Substanz wohl stammen möge. Es könnte sich um Materialien von einer der grösseren Baustellen in der Region handeln, war damals eine Vermutung. Auch die Zuflüsse des Walensees standen im Verdacht, die Substanz in den Walensee geschwemmt zu haben.

Weiter zog man eine Freisetzung durch Erdbeben in Betracht. Bestätigt werden konnte keine dieser Theorien, sagt Vera Leib: «Wir haben einen grossen Aufwand betrieben, aber es hat sich keine dieser Spuren erhärtet. Die Tätigkeiten auf den Baustellen passen nicht zur Substanz, auch die Proben aus den umliegenden Fliessgewässern decken sich nicht mit der aus dem Walensee.»

Kanton auf Stand-by

Dass die Substanz aus dem See selbst stammt, sei unwahrscheinlich. Auch hier sei ein definitiver Ausschluss jedoch nicht möglich, da die Substanz nach wie vor nicht genauer definiert werden kann.

«Ich hoffe wirklich, dass die Substanz dieses Jahr nicht erneut auftaucht», sagt Leib und spricht damit Fischer Gubser aus der Seele. Falls doch sei man in den Startlöchern, um schnell reagieren zu können.

Im mysteriösen Dossier «Walensee» bleiben damit viele Fragezeichen bestehen. Falls die Partikel nicht mehr auftauchen, wird es wohl dennoch bald Staub ansetzen.

veröffentlicht: 15. April 2021 06:50
aktualisiert: 15. April 2021 06:50
Quelle: FM1Today

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