In den vergangenen Tagen war teils knapp die Hälfte aller verfügbaren Intensivbetten in den Schweizer Spitälern durch Coronapatienten belegt. Am Donnerstag entsprach der Anteil 33,8 Prozent bei einer Gesamtauslastung von 79,9 Prozent. Da ist klar, dass aufgrund der Zusatzbelastung durch die Covidpatienten weniger Kapazität für andere Eingriffe besteht, die natürlich trotz Pandemie nach wie vor nötig sind. Auch das Kantonsspital St.Gallen ergreift deswegen weiterhin ausserordentliche Massnahmen.
Engpässe wegen vieler krankheitsbedingter Ausfälle
Weil Anfang Dezember des vergangenen Jahres überdurchschnittlich viele Mitarbeitende krankheitsbedingt – nicht primär wegen Corona – ausfielen, hat das Kantonsspital angeordnet, dass «ein Teil der nicht dringlichen elektiven Eingriffe und Behandlungen verschoben werden müssen», wie Philipp Lutz, Mediensprecher des Kantonsspitals St.Gallen, gegenüber FM1Today sagt. Die Massnahme wurde zwischenzeitlich bis mindestens 17. Januar verlängert – die Krankheitsfälle hätten sich vorübergehend zwar etwas reduziert, allerdings berge die neue Omikron-Variante nach wie vor eine grosse Ungewissheit, welche die Massnahme weiterhin nötig mache.
Bei welchen Verletzungen oder Erkrankungen muss man auf die Operation warten?
Bei den Operationen, die bei Bedarf hinausgezögert werden, handelt es sich häufig um orthopädische Eingriffe – also um Erkrankungen oder Verletzungen von Knochen, Gelenken, Muskeln, Sehnen und Bändern. Nebst neuen Kniegelenken oder einem Hallux, müssen auch Hernien- oder Gallenoperationen bei Kapazitätsengpässen auf die Wartebank verfrachtet werden. Das sind aber nur Beispiele von möglichen Operationen, die verschoben werden können. Insgesamt stünden in allen Bereichen etwas weniger Kapazitäten zur Verfügung. Philipp Lutz betont zudem auch, dass nicht jeder weniger dringliche Eingriff aufgeschoben werden muss. «Je nach Kapazität ist es auch bei der aktuellen Lage möglich, solche Operationen direkt durchzuführen.»
Dennoch: Die Patientinnen und Patienten, die auf eine Operation warten müssen, gibt es. Und das ist keine schöne Situation. Denn die Dringlichkeit eines Eingriffs ist natürlich perspektivenabhängig – eine aufgeschobene orthopädische Operation verlängert womöglich die Zeit, die ein Patient mit Schmerzen verbringen muss. Lutz sagt denn auch: «Für die Patienten, die einen Eingriff brauchen, ist dieser natürlich immer dringend.»
Notfälle und dringende Operationen durchführen
Wann es sich um einen «nicht dringlichen Eingriff» handelt, müssen die leitenden Ärztinnen und Ärzte der verschiedenen Kliniken bestimmen. Das sei von verschiedenen Kriterien abhängig, sagt Lutz. Es sei sehr unterschiedlich, ob und wie lange ein Eingriff hinausgezögert werden kann, früher oder später sei aber auch bei nicht dringlichen Fällen eine Behandlung notwendig und damit dringend. Der Spielraum sei begrenzt.
«Wir unternehmen am KSSG alles dafür, dass wir neben Notfällen auch alle anderen dringlichen Eingriffe jederzeit durchführen können», sagt Lutz. Das trifft insbesondere auf Eingriffe bei Krebspatienten zu.
Personalrochaden und temporäre Stationsschliessung
Damit solche Operationen weiterhin durchgeführt werden können, musste das Spital weitere Massnahmen ergreifen. «Zur Entlastung unserer Intensivstationen haben wir im Aufwachraum zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen», erklärt Lutz.
Um diese Plätze zu betreiben, habe Personal aus der Anästhesie abgezogen werden müssen, was wiederum dazu führt, dass weniger andere Operationen durchgeführt können. Anästhesisten sind für die Narkose bei Eingriffen zuständig. Auch auf der Pneumologie, wo Lungenerkrankungen behandelt werden, hat das Kantonsspital zusätzliche Plätze geschaffen. Das dafür benötigte Personal, das über Erfahrung bei Beatmungen verfügt, stammt von einer anderen Station. Aufgrund dieser Verschiebung musste die andere Station temporär, bis Ende Januar, geschlossen werden.
Lage im Gesundheitswesen bleibt wegen Omikron angespannt
Die Lage im Gesundheitswesen und speziell in den Spitälern ist also weiterhin angespannt. Die Omikron-Variante ist zwar weniger gefährlich, allerdings sorgt sie anderweitig, vor allem durch ihre hohe Ansteckungsfähigkeit, für Probleme, wie Virologin Isabella Eckerle kürzlich erklärte. Das sorgt für Unsicherheit. Philipp Lutz schätzt die Lage aus Sicht des Kantonsspitals St.Gallen wie folgt ein: «Es besteht schweizweit eine grosse Ungewissheit, wie sich Omikron auf die Spitäler und insbesondere auf die Intensivstationen noch auswirken wird», sagt er. Auch die Personalsituation im Kantonsspital könne sich durch krankheitsbedingte Ausfälle jederzeit wieder zusätzlich verschärfen.