St.Galler Kantonsrat

Kommission streicht Verbot für rechtsextreme Konzerte

29.10.2019, 18:25 Uhr
· Online seit 29.10.2019, 15:25 Uhr
Ein geplantes Verbot von extremistischen Veranstaltungen – wie dem Rechtsrock-Konzert mit 5000 Neonazis in Unterwasser im Oktober 2016 – stösst im St.Galler Kantonsrat auf Widerstand. Die vorberatende Kommission will den Passus streichen.
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Das von der Regierung beantragte Verbot soll für Veranstaltungen gelten, «die nicht mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbar» sind und «das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung massgeblich beeinträchtigen». Das kantonale Polizeigesetz soll entsprechend ergänzt werden.

Anlass gab das Rechtsrock-Konzert in Unterwasser im Toggenburg am 16. Oktober 2016 mit rund 5000 Neonazis aus dem In- und Ausland. Die Polizei war vom Grossanlass in einer Tennishalle überrumpelt und griff nicht ein. Nur eine Woche später versammelte sich die Partei national orientierter Schweizer (PNOS) in Kaltbrunn.

Polizei soll präventiv eingreifen

Dort trat ein rechtsradikaler Sänger auf, der mit einer Einreisesperre belegt war. Die Kantonspolizei sah sich mit massiver öffentlicher Kritik konfrontiert, und die Vorfälle beschäftigten auch den Kantonsrat: Dieser überwies im April 2017 mit grosser Mehrheit eine Motion, die ein Verbot forderte.

Die Regierung kam der Forderung nach und nahm das Verbot ins Polizeigesetz auf. Grossveranstaltungen mit extremistischem Hintergrund seien grundsätzlich ein Risiko, schreibt die Regierung in ihrer Botschaft. Die Bevölkerung könne sich durch derartige Veranstaltungen bedroht fühlen. Die Polizei brauche die Möglichkeit, präventiv einzugreifen.

Kommission stört sich an Formulierung und streicht Passus

Gleichzeitig dürften aber verfassungsmässige Rechte wie die Meinungsäusserungs-, die Versammlungs- und die Kunstfreiheit nicht übermässig eingeschränkt werden, heisst es. Sonst drohe «eine unerwünschte staatliche Zensur». 

Die vorberatende Kommission hat den Passus aus der Vorlage gestrichen und empfiehlt dem Kantonsrat, das neue Polizeigesetz ohne Verbot von rechtsextremen Veranstaltungen anzunehmen. 

Nicht ein einzelnes Kriterium habe den Ausschlag gegeben, sich gegen das Verbot zu stellen, sagt Komissionpräsident Michael Schöbi (CVP) gegenüber dem Tagblatt und spricht von «intensiven Diskussionen» innerhalb der Kommission. Die Mitglieder seien sich schlicht nicht einig geworden, wie ein derartiges Verbot aussehen soll und mit welchen Argumenten sich die Grundrechte, sprich die Versammlungs- und Meinungsfreiheit, einschränken lassen.

Härtere Massnahmen gegen Stalking

Weitere Anpassungen im Polizeigesetz sehen unter anderem härtere Massnahmen gegen Stalking vor. Künftig sollen auch bei Stalking Wegweisungen und Rückkehrverbote ausgesprochen werden können. Diese Massnahmen sind unbestritten.

Der Kantonsrat berät die Vorlage in der kommenden Novembersession in erster Lesung und voraussichtlich in der Februarsession 2020 in zweiter Lesung. 

Quelle: TVO

veröffentlicht: 29. Oktober 2019 15:25
aktualisiert: 29. Oktober 2019 18:25
Quelle: sda/red.

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