Kantonsgericht St.Gallen

«Mohrenkopf»-Verkäufer vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen

· Online seit 13.04.2022, 16:44 Uhr
Als Schwarzer verkleidet, verkaufte Imbissunternehmer Markus Heim im Sommer 2020 in Rorschach «Mohrenköpfe». In erster Instanz wurde er vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen, wogegen die Staatsanwaltschaft rekurrierte. Nun hat das Kantonsgericht bestätigt: Heim ist nicht der Rassendiskriminierung schuldig.
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Ist es rassistisch, wenn man sich als Schwarzer verkleidet und in aller Öffentlichkeit «Mohrenköpfe» verkauft? Mit dieser Frage hatte sich das St.Galler Kantonsgericht zu beschäftigen. Zu verantworten hatte sich Imbissunternehmer Markus Heim. Er hatte im Sommer 2020, im Kontext der «Black lives matter»-Demonstrationen, in Rorschach einen Stand aufgestellt. Das Gesicht schwarz angemalt, eine schwarze Kraushaar-Perücke auf dem Kopf und in ein goldfarbenes Kleid gehüllt, verkaufte Heim «Mohrenköpfe» der Marke Dubler – ein Produkt jenes Unternehmens also, das sich bis heute standhaft weigert, seine Schokoküsse umzubenennen.

Das St.Galler Kantonsgericht hat nun entschieden: Markus Heim wird vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen, schreibt das «St.Galler Tagblatt». Aufgrund der konkreten Umstände sei die Verkaufsaktion nicht rassendiskriminierend im Sinne des Gesetzes, heisst es in einer Mitteilung. Dem Beschuldigten könne zudem nicht nachgewiesen werden, dass er eine Herabsetzung dunkelhäutiger Menschen gewollt oder in Kauf genommen habe.

Heim seinerzeit zum Strafbefehl: «Ein Witz!»

Nach der «Mohrenkopf»-Verkaufsaktion hatte Markus Heim von der St.Galler Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl wegen Rassendiskriminierung erhalten. Darin hiess es unter anderem:

«Mit der vorgenannten Verkleidung in Kombination mit dem bereits intensiv in der Rassismusdebatte besprochenen Produkt musste Markus Heim jedoch damit rechnen, beim Erscheinen in der Öffentlichkeit mit seiner derart gestalteten Verkleidung und dem Verkauf dieser Süssigkeiten dunkelhäutige Menschen zu diskriminieren und zu beleidigen.»

Heim seinerseits bezeichnete den Strafbefehl als «Witz» und wehrte sich dagegen, womit es zu einer Verhandlung vor dem Rorschacher Kreisgericht kam. Dieses befand, es sei nicht an ihm zu beurteilen, ob die Aktion des Unternehmers geschmacklos gewesen sei oder nicht. Für einen Verstoss gegen die Rassismusstrafnorm sei sie zu wenig gravierend.

«... dann sind sie wahrscheinlich rassistischer als ich»

Zur Verhandlung vor dem St.Galler Kantonsgericht kam es, weil die Staatsanwaltschaft das Urteil des Kreisgerichts nicht akzeptierte. Sie führte aus, man erhoffe sich «im Hinblick auf allfällige künftige vergleichbare Fälle einen Grundsatzentscheid – zumindest auf Stufe Kantonsgericht». Es gehe um die umstrittene Frage, «wie eine unbefangene Drittperson die vom Angeklagten gestaltete Szenerie» im Kontext der durch die Black-live-matters-Proteste ausgelösten Rassismusdebatte «interpretieren musste».

Bei der Verhandlung vor dem St.Galler Kantonsgericht beteuerte Markus Heim mehrfach, dass keine rassistischen Absichten hinter seiner Aktion gestanden hätten. Seine 350 «Mohrenköpfe» seien im Nu verkauft gewesen. «Hätten es die Leute für rassistisch gehalten, hätte ich wohl kaum so viele verkauft.» Diejenigen, die in dieser Aktion etwas Rassistisches sähen, seien wahrscheinlich rassistischer als er.

Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig. 

veröffentlicht: 13. April 2022 16:44
aktualisiert: 13. April 2022 16:44
Quelle: St.Galler Tagblatt/Daniel Walt

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