Werbekampagne

Schuhe statt Schutzmaske: Diese «BAG-Werbung» könnte für Verwirrung sorgen

· Online seit 06.03.2021, 17:54 Uhr
Der Thurgauer Schuhproduzent Joya Schuhe AG hat eine neue Werbekampagne lanciert. Deren Design dürfte vielen bekannt vorkommen: Es ist eine Kopie der Kampagne des Bundesamts für Gesundheit für die Corona-Massnahmen.
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Unter dem Slogan «So schützen wir uns» verbreitet das Schweizer Bundesamt für Gesundheit seit Beginn der Corona-Pandemie die allgemeingültigen Schutz- und Hygienemassnahmen. Die Plakate, Flyer, Banner und TV-Spots sind fast allgegenwärtig. Seit dem 1. März gibt es aber gewisse Werbeplakate, die eine Botschaft abseits von Corona-Massnahmen verbreiten.

«Tragen Sie Gesundheitsschuhe. Unsere Geschäfte haben wieder für Sie geöffnet», ist auf den Postern zu lesen. Das Design des Plakats entspricht voll und ganz jenem der Corona-Kampagne des BAG. Vom Bund kommt diese Empfehlung aber nicht. Dahinter steckt die Joya Schuhe AG mit Sitz in Roggwil.

Keine Absprache mit dem BAG

Die Werbekampagne sei im Zusammenhang mit der Wiedereröffnung der Schuhgeschäfte am 1. März lanciert worden, schreibt Claudio Minder, CEO von Joya Schuhe AG, auf Anfrage von FM1Today. Eine Absprache mit dem BAG habe es aber nicht gegeben. «Als Unternehmung haben wir massiv unter den coronabedingten Ladenschliessungen gelitten. Trotzdem wollten wir nicht einfach den Kopf in den Sand stecken und haben kurzfristig diese Aufklärungskampagne zum Thema ‹Gesund bleiben› lanciert.» Ein fünfstelliger Betrag sei bereits in die Kampagne investiert worden und in den kommenden Wochen sollen noch weitere Werbemassnahmen in diesem Bereich folgen.

Mit der Kampagne solle darauf aufmerksam gemacht werden, neben den Corona-Massnahmen einen «gesunden Lifestyle zu leben». «Mit einem grossen Augenzwinkern möchten wir deswegen auf die Tatsache hinweisen, dass unsere Schuhe ebenfalls zu einem gesunden und positiven Lifestyle beitragen», sagt Minder. Vom BAG habe man sich lediglich inspirieren lassen.

«Üblich, dass Konkurrenzunternehmen Werbungen adaptieren»

Aus rechtlicher Sicht hat die Joya Schuhe AG vorerst nichts zu befürchten, sagt Daniel Köhler, Lehrbeauftragter für Medienrecht an der Fachhochschule Graubünden. «Werbung ist ein breites Feld mit vielen Graubereichen. Es ist üblich, dass Konkurrenzunternehmen untereinander adaptieren und Schriftformen, Farben und Wordings übernehmen. Das erlebt man beispielsweise im Lebensmittelhandel oder bei Tech-Firmen.»

Anlehnende Werbekampagnen werden gemäss Köhler toleriert, solange dem Mitkonkurrenten kein Schaden zugefügt oder dieser diffamiert wird. «Ausserdem ist eine solche Anlehnung möglich, solange sie humoristisch ist, was in diesem Fall meiner Meinung nach gegeben ist.» In diesem Fall sei aber weiter zu unterscheiden, dass die Anlehnung nicht zwischen Konkurrenten in der Privatwirtschaft bestehe, sondern ein Bundesamt betroffen sei.

Kunden könnten in die Irre geführt werden

Kritischer sieht der Dozent für Medienrecht die Möglichkeit der Irreführung durch die Werbung: «Sieht man die Werbung, denkt man als erstes, dass es sich um Schutzmassnahmen des Bundes handelt. Es ist nicht direkt ersichtlich, dass es sich um die Kampagne eines Schuhproduzenten handelt.» Sollte sich das BAG oder auch eine Privatperson durch die Werbung gestört fühlen, können diese bei der Schlichtungsstelle Lauterkeitskommission Schweiz eine Beschwerde einreichen. Ein Gremium würde dann über die besagte Werbung entscheiden und allenfalls eine Rüge an den Produzenten ausstellen.

Ob eine Beschwerde abgelehnt würde, sei schwer vorauszusagen, sagt Köhler. «Es besteht die Möglichkeit, dass die Irreführung hervorgehoben würde. Allerdings wird das BAG in diesem Falle nicht diffamiert. Ich persönlich sehe den humoristischen Aspekt höher gewichtet als die Verwirrung.» Auch wenn die Kopie einer bestehenden Kampagne nicht die feine Art sei: «Werbetechnisch ist es eine gute Idee, um Aufmerksamkeit zu generieren. Es kann auch sein, dass die Leute es gar nicht mehr beachten, weil sie die Plakate schon seit einem Jahr vom BAG kennen.»

«Kampagne soll mit einem Schmunzeln wahrgenommen werden»

Der Schuhproduzent selbst betont, keine schlechten Intentionen verfolgt zu haben, schreibt Claudio Minder: «Wir haben nicht die Absicht, jemand in die Irre zu führen. Wir haben gewollt immer unser Logo prominent abgelichtet, damit die Kampagne mit einem Schmunzeln wahrgenommen wird. Sollte sich trotzdem jemand an der Kampagne stören, so möchten wir uns bereits jetzt dafür entschuldigen.»

Das BAG selbst hat keine Stellung zur Kampagne von Joya Schuhe bezogen.

veröffentlicht: 6. März 2021 17:54
aktualisiert: 6. März 2021 17:54
Quelle: FM1Today

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