Nach der ersten Pride erhält St.Gallen einen weiteren Freiraum für queere Personen, nämlich das Glitch-Festival. Das queerfeministische Festival, welches am Freitag startet, ist für alle ab 18 Jahren zugänglich. Dieses findet in der Grabenhalle und im Palace statt und widmet sich der «Lust in allen Formen und Farben». Auf dem Programm stehen Filme, Performances, Talks und Workshops, welche die Themen Körper, Lust oder Sexualität behandeln.
Nicole Bühler, Teil des 17-köpfigen Organisations-Kollektivs betont gegenüber FM1Today, dass eine solche Veranstaltung wichtig für St.Gallen ist: «Solche Festivals gibt es bereits in mehreren Schweizer Städten, beispielsweise in Zürich, Basel oder Lausanne – aber halt keines in der Ostschweiz. Es ist wichtig, dass es auch hier einen solchen queeren Raum gibt, wo sich Leute über Sexualität in ihren Facetten austauschen können.» Dem pflichtet auch Morena Barra, ebenfalls Teil des Kollektivs, bei und ergänzt: «Wir wollen einen Raum schaffen, in dem über tradierte und festgefahrene Normen gesprochen werden kann und auch Tabus gebrochen werden können.»
Ethische Pornos gegen den «Male Gaze»
Barra und Bühler sind verantwortlich für die Filmauswahl des audiovisuellen Festivals. So findet am Freitagabend ein Filmblock zu «alternativer Pornografie» statt. Doch was muss man sich darunter vorstellen? Barra erklärt: «Im Gegensatz zur Mainstream-Pornografie im Netz ist alles auf das gegenseitige Einverständnis aller Beteiligten basiert. Es sind also ethisch produzierte Pornos.» In den «normalen» Pornos sei dies nicht immer der Fall.
Zudem würden andere Körperformen, diverse Sexualitäten oder sexuelle Orientierungen gezeigt. «Es ist wichtig, aufzuzeigen, dass es auch andere Körper gibt», sagt Barra. In der Mainstream-Pornografie sei ganz klar definiert, wie ein Mann oder eine Frau auszusehen hat.
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Mit dem Festival wolle das Kollektiv auch die Diversität in der Pornografie aufzeigen. Die Filme seien nicht nur explizit. So gebe es auch sinnliche oder gar dokumentarische Filme, die aufklären sollen. Barra sagt, es sei wichtig, dass neue Bilder geschaffen werden. Die Porno-Industrie sei immer noch männlich dominiert. «Wir brauchen einen queeren, feministischen Blick», sagt sie. Man müsse vom «Male Gaze», also der rein männlichen Sicht, wegkommen.
Dialog ist Herzstück des Festivals
Im Anschluss an die Vorstellungen der Filme ist ein Austausch mit den Filmschaffenden möglich. Bühler sowie auch Barra betonen, dass dies genau der Schwerpunkt sei: der Dialog. Es seien alle interessierten und neugierigen Personen eingeladen, am Festival teilzunehmen. «Dieses Thema betrifft uns ja alle», sagt Barra.
Ein kritischer Austausch auf Augenhöhe sei wichtig für das Festival. Doch es werden Grenzen gezogen. So werden keinerlei Formen von Diskriminierung geduldet. Dafür gibt es ein breites Awarness-Konzept, welches den Gästen beim Einlass vorgestellt wird.
Zudem gibt es auch ein Installation, die sich mit Care auseinandersetzt. «Es kann sein, dass sich einzelne Personen durch gewisse Inhalte unwohl fühlen oder getriggert werden. Besuchende können die Veranstaltungen deshalb jederzeit verlassen oder mit dem Glitch-Team in Austausch treten», sagt Barra.
Workshop, Performances und Party
Nebst Filmen stehen auch Performances sowie Workshops, beispielsweise zu Sextoys, oder ein Talk zu literarischer Pornologie auf dem Programm.
Ein spezielles Highlight dürfte auch die «Pleasure Positive Party» in der Grabenhalle sein. Die Party steht im Zeichen der Lust, allerdings nicht explizit. «Es gibt keinen Darkroom oder ähnliches», sagt Bühler, aber es könne schon Personen geben, die freizügiger unterwegs sind. Aber auch hier gilt: Einverständnis ist der Schlüssel zur Lust.