St.Galler PH-Student über Vertretung: «Ich kam schnell an den Anschlag»
Quelle: TVO
Die Liste der freien Stellen für Lehrpersonen im Kanton St.Gallen ist lang. Schaut man genauer hin, sieht man, dass der Arbeitsbeginn anfangs August gewesen wäre. Das bedeutet, dass all diese Stellen unbesetzt sind und nach den Sommerferien in den Schulzimmern fehlen.
Lehrpersonen teilweise nicht qualifiziert
Um dem Mangel entgegenzuwirken, greifen gewisse Kantone auf Personen ohne Lehrausbildung zurück. In Bern beispielsweise ist jede zehnte Lehrperson nicht ausgebildet, wie Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin des Dachverbandes Lehrerinnen und Lehrer, am Montag an einer Pressekonferenz sagt. Für Rösler ist die Lage prekär. «Wenn ich als Mutter erfahren würde, dass unsere Tochter zu einer Lehrerin kommt, die keine Ausbildung hat, dann weiss ich nicht, ob ich noch gut schlafen könnte», sagt die oberste Lehrerin.
PH-Studierende kriegen Mangel zu spüren
Den akuten Mangel spürt auch Dominik Peyer. Er studiert aktuell an der Pädagogischen Hochschule St.Gallen. «Konkret erlebe ich das im Studienalltag durch Anfragen für verschiedene Stellvertretungen», erklärt Peyer gegenüber TVO. Gerade nach seinem Halbtagespraktikum im Herbst habe man ihn direkt angefragt, ob er eine Stellvertretung machen würde, da seine Praxislehrperson an Corona erkrankt war. Auch sonst tausche man sich unter den Studierenden oft über Stellvertretungen aus. Peyer fast es ganz einfach zusammen: «Wir sind gesucht.»
Schüler spüren Kompetenz
Dominik Peyer hat – trotz erst zwei abgeschlossenen Semestern – schon selbst Erfahrungen als Stellvertreter gesammelt. Das sei gar nicht so einfach, so Peyer: «Man darf es nicht unterschätzen.» Die Jugendlichen würden spüren, ob da jemand vor der Klasse steht, der kompetent ist oder halt eher unerfahren. Das musste auch Dominik Peyer am eigenen Leib erfahren. «Ich kam mit meinen Methoden recht schnell an den Anschlag», so der PH-Student. Peyer nennt ein konkretes Beispiel: «Ich habe einen Schüler rausgeschickt, weil er den Unterricht gestört hatte. Da hat er gefunden, ich sei nur eine Stellvertretung und hätte ihm nichts zu sagen. Ich habe ihn dann zum Schulleiter geschickt.»
Immer noch Traumberuf
Die Gründe für den Mangel sind vielseitig. Zum einen arbeiten die Lehrpersonen tendenziell immer weniger Vollzeit. Zum anderen wechseln viele den Job, da sie sich ausgebrannt fühlen. Davon will sich Peyer nicht verunsichern lassen. Für ihn ist es immer noch ein Traumberuf. «Am Beruf gefällt mir, dass ich mit Menschen zusammenarbeiten kann, dass ich an Herausforderungen wachsen kann und ich die Schüler weiterbringen kann», so Peyer. «Das gibt einem am Abend, wenn man nach Hause kommt, schon ein ziemliches Sinngefühl.»
(red.)