Staad

Totes Baby im Koffer: St.Galler Kantonsgericht spricht Eltern frei

26.02.2021, 19:02 Uhr
· Online seit 26.02.2021, 10:05 Uhr
Für das Kantonsgericht St.Gallen ist nicht erwiesen, dass eine 37-jährige Deutsche und ihr 57-jähriger Partner für den Tod ihrer gemeinsamen zweijährigen Tochter verantwortlich sind. Es sprach sie am Freitag vom Hauptvorwurf der Tötung frei.
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Es verurteilte sie jedoch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht und weiterer Delikte zu Freiheitsstrafen von 30 und 21 Monaten. Bei der Frau werden teilbedingt 12 der 30 Monate vollzogen, die Freiheitsstrafe gegen den Mann wurde bedingt ausgesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Im August 2015 hatte die Polizei im Keller eines Hauses in Staad ein totes Mädchen entdeckt. In der Verhandlung vom vergangenen Freitag vor Kantonsgericht St.Gallen ging es um die Frage, ob die Eltern für den Tod des zweijährigen Kindes verantwortlich gemacht werden können.

Quelle: tvo

Leiche des Babys auf Matratze liegen lassen

Das Kreisgericht Rorschach hatte die Eltern Ende 2018 wegen fahrlässiger Tötung zu Freiheitsstrafen von sechs und fünf Jahren verurteilt. Dieses Urteil hob das Kantonsgericht mit seinem Berufungsentscheid jetzt auf.

Die Annahme, die Eltern hätten ihr Kind im Sommer 2015 allein gelassen, so dass es an Hitze starb, sei nicht haltbar. Die Staatsanwaltschaft warf den beiden vor, die Tochter für über zwei Stunden alleine im Kinderzimmer im Dachgeschoss ihres Wohnhauses zurückgelassen zu haben – wo das Kind in der Folge verstorben sei. Schliesslich habe die Mutter die Leiche während mehrerer Tage auf einer Matratze im Dachgeschoss liegen lassen und rund einen Monat später in einem Koffer im Keller versteckt.

Todeszeitpunkt nicht erwiesen

Die Untersuchungen durch die Rechtsmedizin belegen gemäss Kantonsgericht den Todeszeitpunkt nicht und lassen keinen Schluss auf die Todesursache zu. Auch die Kantonspolizei St.Gallen kam zum Schluss, dass der angenommene Todeszeitpunkt «eher unzutreffend» sei. Da vor diesem Hintergrund der gesamte Entscheid des Kreisgerichts auf einer Annahme beruhe, habe das Kantonsgericht den Schulspruch der fahrlässigen Tötung aufheben müssen.

Als erwiesen erachtete das Kantonsgericht jedoch die Beschuldigungen der Verletzung der Fürsorgepflicht. So habe die Mutter während der Stillzeit Kokain konsumiert und sei trotz Entwicklungsauffälligkeiten des Kindes nicht zum Arzt gegangen. Die Eltern haben das Kind aufgrund ihres Drogenkonsums psychisch, medizinisch und körperlich massiv vernachlässigt.

Nachweisen liesse sich auch, dass die Mutter die Leiche der Tochter in einen Koffer gesteckt und im Keller versteckt habe. Das Kantonsgericht hat deshalb den Schuldspruch wegen Störung des Totenfriedens nicht aufgehoben.

(sda/abl)

veröffentlicht: 26. Februar 2021 10:05
aktualisiert: 26. Februar 2021 19:02
Quelle: sda

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