Thurgau

1,5 Bussen pro Schicht: Vorgaben bei der Kantonspolizei?

25.04.2022, 08:25 Uhr
· Online seit 25.04.2022, 07:23 Uhr
10 Millionen Franken hat der Kanton Thurgau dieses Jahr für Bussgelder eingerechnet. Geld, das durch Geschwindigkeitskontrollen und Parkbussen in die Staatskasse fliessen soll. Haben Thurgauer Polizisten Vorgaben, damit das Budget erreicht werden kann? Eine Quelle weiss von Bussvorgaben bei der Kantonspolizei.
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Die Parkuhr mit zu wenig Geld gefüttert oder kurz nicht auf den Tacho geachtet und schon flattern die Bussen ins Haus. Viele Verkehrsteilnehmer kennen die Situation. Bussen sind immer ärgerlich. Noch ärgerlicher sind sie, wenn man weiss, dass man vielleicht gebüsst wurde, weil ein Polizist eine vorgegebene Anzahl Bussen erreichen musste. Solche Bussenvorgaben sollen im Kanton Thurgau existieren. Ein Polizist muss täglich während seines Diensts rund 1,5 Bussen ausstellen, verrät eine Quelle gegenüber FM1Today.

Es wäre nicht das erste Mal, dass eine solche Bussenvorgabe in der Schweiz ans Licht kommt. In der Zürcher Gemeinde Uster müssen Polizistinnen und Polizisten 200 Ordnungsbussen im Jahr ausstellen, wie im Jahr 2017 auskam (FM1Today berichtete). Dass es eine solche Vorgabe auch im Kanton Thurgau gibt, scheint nicht so überraschend.

Individuelle Richtlinien und Erwartungen in Teams möglich

Besteht nun also eine solche Bussenvorgabe bei der Kantonspolizei Thurgau? Diese sagt auf Anfrage von FM1Today, dass man nichts von solchen offiziellen Bussenvorgaben wisse. Es könne sein, dass es in einigen Teams individuelle Richtlinien und Erwartungen gebe.

«Es gehört zu den Aufgaben und Pflichten der Polizisten, Verstösse gegen Gesetze und Verordnungen zu sanktionieren», so Andy Theler, Mediensprecher der Kantonspolizei Thurgau. Ob und wie viele Ordnungsbussen ausgestellt werden, darüber würden alleine die Verkehrsteilnehmenden mit ihrem Verhalten entscheiden. «Wir freuen uns natürlich, wenn die Bussen niedrig sind, weil dies ein Zeichen dafür ist, dass sich die Verkehrsteilnehmenden korrekt verhalten.»

Obwohl der Mediensprecher nichts von Bussenvorgaben bei der Kantonspolizei Thurgau weiss, dementiert er sie auch nicht. Eine einfache Rechnung könnte die Bussenvorgabe stützen: Im vergangenen Jahr hat ein Thurgauer Polizist im Schnitt 1,8 Bussen pro Tag ausgestellt. Die Berechnung basiert auf der Anzahl Ordnungsbussen (128'000, Jahr 2021) und der Anzahl Polizisten, die Ordnungsbussen ausstellen dürfen (rund 300), mit 100-Prozent-Pensum.

36 Franken Busse pro Einwohner im Jahr

Immerhin hat der Kanton Thurgau für dieses Jahr 10 Millionen Franken für Bussgelder budgetiert, was einem Betrag von 36 Franken pro Einwohner entspricht. Das Budget wird von der Kantonspolizei dem Kanton aufgrund von Erfahrungswerten vorgeschlagen. Der Regierungsrat und der Grosse Rat legen dann den definitiven Betrag fest.

Bereits 2021 und 2020 lagen die budgetierten Beträge im Rahmen von je rund 10 Millionen Franken. 2020 wurden schlussendlich jedoch 1,5 Millionen Franken weniger in die Staatskasse eingenommen, als budgetiert. Grund war das panedmiebedingt niedrigere Verkehrsaufkommen.

Grundsätzlich nimmt die Kantonspolizei Thurgau am meisten Geld durch Geschwindigkeitsbussen ein. Im Kanton Thurgau machen jene Bussen über 80 Prozent des Gesamtbetrags aus. Das restliche Geld resultiert aus anderen Ordnungsbussen.

Kanton St.Gallen arbeitet nicht auf ein Budget hin

Im Kanton St.Gallen wurden für dieses Jahr über 23 Millionen Franken für Bussgelder budgetiert. «Das Budget ist ein Planungstool und keine Zielvorgabe», so Kapo-Mediensprecher Florian Schneider. «Wenn nicht zu schnell gefahren wird, sind die Einnahmen auch nicht so hoch, wie sie sind. Werden weniger Gelder durch Ordnungsbussen eingenommen, dann ist das so – es wird nicht auf eine Budgeterreichung hingearbeitet.» Die Kantonspolizei St.Gallen dementiert, dass es Bussenvorgaben bei Polizistinnen und Polizisten gibt.

veröffentlicht: 25. April 2022 07:23
aktualisiert: 25. April 2022 08:25
Quelle: FM1Today

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