Versunkenes Schiff

Auch im Bodensee liegt eine «Titanic»

02.07.2022, 07:09 Uhr
· Online seit 01.07.2022, 19:47 Uhr
Vor 130 Jahren, am 1. Juli 1892, fuhr sie das erste Mal auf dem Bodensee: die «Säntis». Das Schiff wurde 1933 geplant versenkt und liegt seither auf dem Grund des Sees. Doch warum wurde sie versenkt? Und wird sie wieder geborgen? Wir haben die Antworten.

Quelle: TVO

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Seit fast 90 Jahren liegt sie nun auf dem Grund des Bodensees: die «Säntis». Sie wurde 1933 ausgemustert und samt Maschine und Aufbauten im Bodensee wie die Titanic über Bug versenkt. Mit zischendem Rauch und am Schluss noch die Schweizer Flagge hochhaltend verschwand sie vom Tageslicht. Damit teilt sie das Schicksal ihres Schwesterschiffs der Schweizerischen Bodensee Schifffahrt. Dieses wurde ein Jahr zuvor unter den Seespiegel geschickt.

Doch warum versenkt man freiwillig ein Schiff? Die Anwort liefert Silvan Paganini, Technischer Betriebsleiter Nautik und Werft. «Damals war der Stahlpreis nicht so gut und die Weltwirtschaftskrise gab es auch noch», so Paganini. Darum entschied man sich für die einfache Entsorgung. «Damals war der Zeitgeist halt ein anderer», fügt er an.

«Säntis» war Pionierin

Auch wenn sich der Zeitgeist mittlerweile geändert hat, die «Säntis» liegt immer noch 200 Meter tief im Bodensee. Dabei gäbe es am Schiff viele interessante Dinge zu untersuchen. 1920 wurde das Schiff als erstes Bodensee-Dampfschiff von Kohlen- auf Ölfeuerung umgestellt, wodurch die Mannschaft um einen Mann verringert werden konnte. Zudem hat das Schiff – wie die Titanic – eine Drei-Zylinder-Dampfmaschine, welche sehr selten ist.

Hansjörg Brem, Kantonsarchäologe beim Kanton Thurgau, erklärt gegenüber TVO: «Es ist eine Art Zeitkapsel – ein eingeschlossener Moment der Geschichte.» Zudem konserviere der See das Schiff sehr gut, besser als das an Land möglich wäre.

Bergung unrealistisch

Die genaue Position des Schiffes wurde bei Vermessungsarbeiten im See im Herbst 2013 entdeckt. Eine Bergung wäre dementsprechend möglich, aber viel zu teuer. «Eine Bergung ist technisch kein Problem, jedoch privatwirtschaftlich unmöglich. Unsere Firma hat eine Hebung bereits im Jahr 1943 geprüft», sagt Silvan Paganini. Die Kosten der Bergung und Instandstellung seien immens und für eine privatwirtschaftliche Firma nicht zu finanzieren. Auch der Kantonsarchäologe Brem spricht sich für einen Verbleib der «Säntis» am Bodenseegrund aus, da die Konservierung über dem Seespiegel problematisch sei.

Sollte sich die Meinung der Schifffahrtsgesellschaft noch ändern, bleibt ihnen noch ein wenig Zeit. Denn nach hundert Jahren wird das Schiff automatisch zum Unterwasser-Kulturerbe und unter Schutz gestellt. Dies wäre 2033 der Fall.

(red.)

veröffentlicht: 1. Juli 2022 19:47
aktualisiert: 2. Juli 2022 07:09
Quelle: TVO

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