Kreuzlingen

«Krise!» – Schwere Vorwürfe an das Bundesasylzentrum nach Diphtheriefällen

30.08.2022, 15:02 Uhr
· Online seit 30.08.2022, 11:34 Uhr
Nach mehreren Diphtheriefällen im Bundesasylzentrum Kreuzlingen erhebt ein anonymer Mitarbeiter schwere Vorwürfe an die Adresse der Zentrumsleitung. Mehrere Verfehlungen soll es beim Umgang mit dem Ausbruch der Krankheit gegeben haben. Der Kanton Thurgau und das Staatssekretariat für Migration beschwichtigen.
Anzeige

«Ich arbeite am BAZ Kreuzlingen und habe die Krise vom Anfang an miterlebt! Es ist eine Krise, die zum Teil durch schlechte Management (sic) der Führungsetage und der medizinischen Abteilung [herbeigeführt wurde]», schreibt eine anonyme Person in einem E-Mail an die Redaktion von FM1Today.

Schlechte Kommunikation und Zentrumsleitung in den Ferien?

So seien die ersten Diphtheriefälle im Bundesasylzentrum in Kreuzlingen schon seit mehreren Wochen bekannt gewesen, doch niemand habe etwas unternommen. «Seit Anfang der Krise waren mehrere Abteilungsleiter im Urlaub. Seit mehreren Wochen ist auch die Zentrumleitung im Urlaub», schreibt die Person. Massnahmen, die Diphtheriefälle rasch einzudämmen, seien viel zu spät ergriffen worden. Und weiter: «Die Kommunikation zwischen Mitarbeitenden und Leitung ist ein Problem, das seit vielen Jahren besteht, die Ängste und Sorgen der Mitarbeiter wurden nicht mit der Leitung besprochen.» Weiter seien etwaige Quarantänen oder Isolationen für Kontaktpersonen zu spät oder gar nicht erlassen worden.

SEM und Kanton spielen sich den Ball zu

Auf Anfrage beim Staatssekretariat für Migration (SEM) will man davon nichts wissen. Das SEM schreibt: «Entscheidungen über medizinische Massnahmen trifft nicht das SEM, sondern der jeweils zuständige Kantonsärztliche Dienst. Das SEM setzt diese Massnahmen um und beobachtet und überprüft die Situation laufend – in enger Zusammenarbeit mit den Kantonsärztlichen Diensten und dem BAG.»

Kein Kommentar zur Heimleitung

Der Kantonsärztliche Dienst des Kantons Thurgau wiederum schreibt zur Erklärung: «Massnahmen wie Isolation oder Quarantäne haben angemessen und verhältnismässig zu sein und müssen jedem Erreger (Viren/Bakterien) angepasst werden.» Eine Isolation sei umgehend für die erkrankten Personen angeordnet worden. «Eine weitere Untersuchung und Therapie wurde bei den Erkrankten unverzüglich gemacht.» Enge Kontaktpersonen seien identifiziert worden, weiter wurden Ausgangsperren verhängt. «Zudem erfolgte eine Koordination der Massnahmen in den Bundesasylzentren in St.Gallen und im Thurgau.» Zur Zentrumsleitung schweigt der Kanton. Dies falle nicht in den Zuständigkeitsbereich.

«Stimmt schlicht nicht»

Samuel Wyss vom Staatssekretariat für Migration erklärt zum mutmasslich fehlerhaften Verhalten der Heimleitung: «Das stimmt schlicht nicht. Die Zentrumsleitung war für die Anliegen der Mitarbeitenden stets zu erreichen». Weiter heisst es in der schriftlichen Stellungnahme: «Die Mitarbeitenden im BAZ Kreuzlingen wurden bereits nach Auftreten des ersten Falls umgehend (auch über die getroffenen Massnahmen) informiert». Die Leitung des Bundesasylzentrums habe ihre Aufgaben und Pflichten sofort wahrgenommen.

Wyss verweist auf die externen Dienstleister, die ebenfalls im Bundesasylzentrum arbeiten. Hierzu gehören beispielsweise das Catering, aber auch die Securitas AG, die für die Sicherheit besorgt ist. Auf Anfrage gibt sich Securitas-Mediensprecher Urs Stadler überrascht darüber, dass das Staatssekretariat für Migration den Sicherheitsdienst ins Spiel bringt, sagt aber: «Wir kommentieren solche Detailinfos in der Regel nicht. Dafür ist das SEM zuständig.»

veröffentlicht: 30. August 2022 11:34
aktualisiert: 30. August 2022 15:02
Quelle: FM1Today

Anzeige
Anzeige