Massenentlassung

Marty-Mitarbeiter im Protest: «Wir sind dem Chef scheissegal»

19.02.2020, 15:20 Uhr
· Online seit 19.02.2020, 15:11 Uhr
Nach der Massenentlassung bei der Baufirma Marty AG in Bischofszell ging am Mittwoch ein Grossteil der entlassenen Mitarbeiter auf die Strasse. Für mehr Gerechtigkeit im Bau und gegen ihren Chef, Patrick Manser, zogen sie im Demozug durch Arbon.
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Aus der Marty AG wurde am Mittwoch die «Mafia AG» – an der Protestaktion der rund 50 entlassenen Mitarbeiter des Bischofszeller Bauunternehmens. Mit Plakaten, Fackeln, einer selbstgebauten Schallmauer und einer Dachkonstruktion breiteten sie sich am Mittwoch in Arbon aus – direkt vor dem «Manser Handwerkercenter», ein weiteres Unternehmen ihres Noch-Chefs Patrick Manser. Er gilt während der Protestaktion als grosser Sündenbock. 

«Im Februar gibt's keinen Lohn mehr»

Anfang Woche wurde bekannt, dass Manser beim Bezirksgericht Weinfelden Antrag zur Konkurseröffnung für die Firma Marty gestellt hat. Wird diese vom Gericht gutgeheissen, kommt es weder zu einem Konsultationsverfahren noch zu einem Sozialplan für die entlassenen Angestellten. «Gestern wurde uns mitgeteilt, dass im Februar definitiv kein Lohn mehr ausbezahlt wird», sagt Kranführer Frank Heinrich gegenüber FM1Today. «Wir sind dem Chef scheissegal.»

Seit 2016 ist Frank Heinrich bei der Marty AG und hatte die Firma als solide geführtes Unternehmen wahrgenommen. «Unsere Löhne wurden immer rechtzeitig bezahlt.» Mit einer solch unfairen Massenentlassung hat er nicht gerechnet. 

«Wir lassen uns nicht alles gefallen»

Im Fall Marty könne man nicht mehr viel machen, heisst es von der Gewerkschaft Unia. «Es geht nur noch um Schadensbegrenzung», sagt Daniela Basic, Leiterin der Sektion Säntis-Bodensee. «Trotzdem helfen wir den Betroffenen, beispielsweise mit der Bürokratie, und zeigen ihnen mit dieser Protestaktion, dass es sich zu kämpfen lohnt.» 

Kampfgeist zeigte am Mittwoch auch Adrian Sahner, der schon seit 30 Jahren als Kranführer arbeitet. Während des Demozuges durch Arbon steuerte er den Lieferwagen, der die Gruppe anführte. Dahinter seine Teamkollegen, lautstark mit Trillerpfeifen und «Buuh»-Rufen. «Mit dieser Aktion wollen wir beweisen, dass wir uns auf dem Bau nicht alles gefallen lassen», so Sahner.  

Quelle: FM1Today/Noémie Bont und David Lendi

Symbolischer Abschied

Die Mitarbeiter treten als starkes, junges und dynamisches Team auf, das die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat, weiterhin zusammenzuarbeiten. Trotzdem nehmen die Entlassenen symbolisch Abschied und deponieren ihre Bauhelme vor den Toren des «Manser Handwerkercenter» in Arbon. Die meisten Arbeiter haben noch keinen Zukunftsplan. 

Der Geschäftsführer und Verwaltungsratspräsident der Marty AG, Patrick Manser, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. 

veröffentlicht: 19. Februar 2020 15:11
aktualisiert: 19. Februar 2020 15:20
Quelle: FM1Today

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