Romanshorn

Mit Seewärme die Wohnung heizen – Bodensee soll Stadt mit Energie versorgen

· Online seit 14.04.2023, 05:29 Uhr
Den Bodensee als Energiespeicher nutzen und damit mehr auf erneuerbare Energien setzen: Diese Vision hat die Stadt Romanshorn. Eine Machbarkeitsstudie zeigt nun, dass die Seestadt alle Bedingungen dafür erfüllen würde. Bis zur Umsetzung gilt es aber noch einige Fragen zu klären.
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Er ist Trinkwasserspeicher, Naherholungsgebiet und Naturparadies für Tier und Mensch: der Bodensee. Daneben bringt er ein weiteres grosses Potenzial mit sich, das bisher auf der Schweizer Seite noch nicht genutzt wurde: Er ist auch ein riesiger Wärme- und Kältespeicher.

Genau das möchte sich die Stadt Romanshorn in Zukunft zu Nutzen machen. Seit 2021 hat eine Machbarkeitsstudie der Stadt Romanshorn die Nutzung von Seewasser zur Energiegewinnung untersucht. Sie zeigt in Anbetracht der technischen und wirtschaftlichen Aspekte, dass ein kostendeckender Betrieb möglich wäre.

Schritt in Richtung Nachhaltigkeit

«Die Stadt Romanshorn braucht emissionsfreie Alternativen. Die Seewärme ist eine wichtige Möglichkeit für uns, um das Energieziel erreichen zu können und nachhaltiger zu werden», sagt Nadja Rohrer, Managerin Kommunikation & Marketing der Gasversorgung Romanshorn AG gegenüber FM1Today. Es ist das Unternehmen, welches von der Stadt zur detaillierten Ausarbeitung des Projektes beauftragt wurde.

Die Energiespezialisten der Gasversorgung Romanshorn müssen bis 2027 aber noch einige Fragen klären. Ab dann werden Lieferungen als realistisch eingeschätzt. So gilt es nun, die Bevölkerung über Seethermie zu informieren, das Thema greifbar zu machen, Versorgungszonen zu konkretisieren und zu überlegen, wie das Projekt in mehreren Phasen tatsächlich umgesetzt werden kann, teilen Unternehmen und Stadt mit.

Billig wird es sicher nicht. Der Bau von solchen Kraftwerken ist kostspielig. Im zweistelligen Millionenbereich werden die Kosten dafür geschätzt. Davon werde auch die Stadt einen Teil übernehmen, sagt Rohrer.

Romanshorn hofft auf Zuspruch der Einwohnerinnen und Einwohner

Nebst Romanshorn stehen weitere Ortschaften im Kanton Thurgau im Fokus für ähnliche Projekte. Laut einer Machbarkeitsstudie des Kantons Thurgau würden 14 potenzielle Gebiete besonders günstige Voraussetzungen für insgesamt fünf geplante Seethermie-Werke im Kanton bieten. Über zehn Prozent des gesamten Wärmebedarfs des Kantons und rund 20 Thurgauer Gemeinden könnten mit Wärmeenergie aus dem Bodensee versorgt werden. So stehen zum Beispiel Amriswil, Kreuzlingen, Arbon und Horn auf dieser Liste.

Wie viel Energie ein Kraftwerk in Romanshorn tatsächlich liefern könnte, kann die Stadt Stand jetzt noch nicht sagen. Ihre Studie zeigt aber auch, dass es aus betriebswirtschaftlicher Sicht keinen Sinn macht, das ganze Stadtgebiet mit Seewasserwärme zu erschliessen. Massgeblich werde sein, wie viele Energieverbraucher sich für diese Heizvariante am Ende entscheiden werden.

Fest steht: «Kundinnen und Kunden sollen keine grossartigen Veränderungen und Herausforderungen zu spüren bekommen. Es soll ein fliessender Übergang zum Energiemittel Seewärme geben», so Rohrer. Von der Bevölkerung wünscht sich Romanshorn Akzeptanz seitens Bevölkerung. «Auch wenn in der ersten Phase nicht alle davon profitieren können, ist es ein Ziel von uns als Stadt, womit wir vorwärtskommen und nachhaltiger und umweltfreundlicher werden können», sagt Rohrer.

Klimawandel bringt Herausforderung

Einige Bedenken kommen dabei aber auch auf. So könne unter anderem das Ökosystem des Sees belastet werden. Für das Heizen werde dem See Wärme entzogen, im Sommer hingegen würde der See durch den Kälteenzug noch wärmer werden, schreibt «energiezukunft». Mit steigenden Temperaturen infolge des Klimawandels könnte das durchaus zu einem Problem werden.

Erlaubt sei die Nutzung des Energiepotenzials aus dem Bodensee so lange, wie das Ökosystem und der natürliche Temperaturhaushalt des Sees nicht nachteilig verändert würden. Gemäss kantonaler Machbarkeitsstudie hätte die Nutzung des Seewassers keine nachteiligen Auswirkungen auf die Temperaturen im See.

Thurgauer sind nicht die ersten mit dieser Vision

Auch auf der deutschen Seite des Bodensees werde die Idee seit Längerem diskutiert, berichtet «energiezukunft». Die Uni Konstanz nutze sei Jahrzehnten Bodenwasser für eine ressourceschonende Kühlung der universitären Anlagen. In Baden-Württemberg seien die Bedenken gross, wegen der hohen Anfangsinvestitionen.

In der Schweiz wird zum Beispiel die Aare in der Gemeinde Wohlen im Kanton Bern bereits zur Energiegewinnung genutzt. Seit 2014 arbeitete die Gemeinde zusammen mit einem Energieunternehmen an der Realisierung und liefert seit 2021 Wärme an die Liegenschaften.

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veröffentlicht: 14. April 2023 05:29
aktualisiert: 14. April 2023 05:29
Quelle: FM1Today

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