Weinfelden

Wie am Sportanlass: Am Wega-Ersatz wird fürs Contact Tracing die Zeit gemessen

· Online seit 10.09.2020, 20:07 Uhr
Am Weinfelder Marktplatzfest wird eine neue Contact-Tracing-Methode genutzt, die Grossanlässe möglich macht, ohne dass im Nachhinein Tausende in Quarantäne müssen. Genutzt wird dabei eine ähnliche Technologie wie an Sportanlässen.

Quelle: tvo

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Am Weinfelder Marktplatzfest wird möglicherweise Zukunftsmusik gespielt. Und das liegt nicht am Unterhaltungsprogramm, sondern an der neuen Contact-Tracing-Methode, die das Schutzkonzept in Corona-Zeiten auf ein neues Level bringt. Ein simpler Badge um den Hals soll die Nachverfolgung von Infektionen einfach machen. Befindet sich also ein Infizierter oder eine Infizierte unter den 800 täglichen Besuchern des Wega-Ersatzes, müssen nur jene in Quarantäne, die auch in seiner Nähe waren. Sprich: Anstatt 800 in Quarantäne zu schicken, sind es dann vielleicht noch 10. Oder wie am Beispiel des Swiss Economic Forum in Genf: Ein Infizierter befand sich unter den rund 900 Teilnehmern. Nur ganz wenige mussten sich in Quarantäne begeben.

«Dieser Badge schützt nicht vor einer Ansteckung»

Gregor Wegmüller, Geschäftsführer der Wega und Veranstalter der Weinfelder Marktplatzfestes, ist begeistert vom Konzept. Mit simplen Badges um den Hals kann er seinen Besuchern eine neue Sicherheit geben. Jeder Besucher kriegt als Eintrittsticket einen solchen Transmitter. Dieser ist in ständigem Informationsaustausch mit den Transpondern, die auf dem gesamten Gelände stehen. Sie registrieren, wer sich wie lange an einem Ort aufhält. «Bei diesen Badges geht es um die Nachverfolgung», sagt Wegmüller. Schutzmassnahmen wie Abstandhalten und Händewaschen müssten trotzdem eingehalten werden. Denn: «Dieser Badge schützt nicht vor einer Ansteckung.»

Fast wie die Zeitmessung an einem Sportanlass

«Wir machen eigentlich das gleiche, wie wir es auch an einem Marathon tun. Wir messen, wann jemand über die Startlinie läuft und wann er das Ziel erreicht», sagt Hanno Maier von der Race Result Swiss Gmbh. Seine Firma mit Sitz in Weinfelden macht seit einigen Jahren Zeitmessungen für Schweizer Sportanlässe, wie zum Beispiel am St.Galler Auffahrtslauf. Und dann kam der Corona-März und auch bei Race Result gingen die Lichter aus. «Wir brauchten neue, innovative Ideen.» Und die hatten sie: Zeitmessen an Events als Corona-Tracing-Methode.

In seinem lauschigen Garten ausserhalb von Weinfelden zeigt Maier den Transponder, der in Corona-Zeiten Grossanlässe wieder möglich machen kann. Diese roten, unscheinbaren Kästen werden am Weinfelder Marktplatzfest die Bewegungen der Besucher registrieren. Gibt es am Anlass Ende September tatsächlich eine infizierte Person, wird – wie an einem Sportanlass – eine Rangliste erstellt. «Auf dieser Rangliste sieht man, wer über längere Zeit in der Nähe der infizierten Person war», sagt Maier. Erster Platz: die Person, die sich am längsten nahe der infizierten Person aufgehalten hat. Dabei beruft sich Race Result auf virtuelle Sektoren, die das Gelände einteilen. Konkret wird also vor allem gemessen, wie lange sich die Personen zusammen im gleichen Sektor aufhalten. Und wechselt man die virtuellen Sektoren, läuft man quasi über eine Start- oder Ziellinie. Und die Transponder registrieren das.

Datenschutz ist gewährleistet

Klar, es werden gewisse Daten gesammelt, denn ohne geht es nicht. Aber die Veranstalter, sowie auch die Betreiber der neuen Tracing-Methode versichern: Der Datenschutz ist gewährleistet. Wer sich ein Ticket für das Weinfelder Marktplatzfest kauft, gibt seine Kontaktdaten an. Diese werden 14 Tage gespeichert, um bei allfälligen Ansteckungen die Betroffenen zu informieren. Anschliessend werden sie gelöscht.

Weinfelder Marktplatzfest ist Pilotprojekt

Erst wenige Anlässe in der Schweiz haben diese Art von Corona-Tracing genutzt. Bekanntester Veranstalter ist das Swiss Economic Forum, das vor wenigen Wochen stattfand. Das Weinfelder Marktplatzfest zählt noch als Pilotprojekt. «Wir haben das Glück, dass das Contact Tracing sowohl von der Stadt Weinfelden, als auch von der Tracing-Firma mitfinanziert wird», sagt Wegmüller. Sponsoren unterstützen das Projekt ebenfalls.

Ist das die Zukunft, Herr Maier?

«Das ist nicht die Lösung für alle Probleme, aber es liefert Informationen, die für unser momentanes Zusammenleben wichtig sind, besonders bei Events, wo viele Menschen aufeinander treffen», sagt Maier. Ihm ist bewusst: Auch solche Sportanlässe, an denen er seit Jahren die Zeit misst, wird es in dieser Form nicht mehr geben. Diese neue Tracing-Methode soll aber wieder ein Stück Normalität zurück bringen. Seine grösste Antriebskraft: Er will helfen. Und als er aus seinem Homeoffice im Garten begleitet, erwähnt er nochmals: «Es ist mir einfach ein Anliegen, auch irgendwie helfen zu können. Und das mache ich mit dem, was ich am besten kann.»

veröffentlicht: 10. September 2020 20:07
aktualisiert: 10. September 2020 20:07
Quelle: FM1Today

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