Frauenfeld

Zwölf statt vier Verstorbene am Tag: Viel Arbeit für Thurgauer Bestatter

13.01.2021, 11:31 Uhr
· Online seit 13.01.2021, 10:16 Uhr
Wegen der Corona-Pandemie haben Bestatter alle Hände voll zu tun. Auch der Frauenfelder Bestatter Markus Marghitola hat seit dem Herbst längere Arbeitstage. Unzählige Verstorbene müssen in den Altersheimen und Spitälern abgeholt werden.

Quelle: tvo

Anzeige

Es ist trotz allem noch immer ein Ort der Ruhe: Auf der Friedhofsverwaltung Oberkirch in Frauenfeld merkt ein Aussenstehender kaum, dass Todesfälle momentan telefonisch gefühlt im Zehn-Minuten-Takt gemeldet werden. In den Gängen herrscht absolute Stille. Im Büro ist momentan aber einiges los: «Ich komme mir manchmal mehr vor wie ein Fluglotse», sagt Markus Marghitola über das dauernd klingelnde Telefon. Der 52-jährige Bestatter ist Leiter des Friedhofs. Seit die Coronazahlen im Herbst schweizweit angestiegen sind, haben er und seine vier Mitarbeitenden jede Menge zu tun.

Die Aufgaben der Bestatter sind, die Verstorbenen abzuholen, sie in den Sarg einzubetten und aufzubereiten. Sie begleiten die Angehörigen beim Trauerprozess und tragen an den Beerdigungen die Urne oder den Sarg mit ans Grab. Doch seit das Virus den Alltag dominiert, hat sich auch die Arbeit der Bestatter verändert. «Im Frühling haben wir das Virus noch nicht so stark gemerkt. Seit dem Herbst haben wir aber einen viel grösseren Arbeitsaufwand.» An gewissen Tagen müssten bis zu zwölf Tote abgeholt werden, früher waren es durchschnittlich vier.

Papiere mit Aufschrift «Corona» zur Info

Die Verstorbenen werden dann ins Gebäude der Friedhofsverwaltung gebracht. An jenem Morgen sind bereits fünf der sechs Aufbahrungsräume, in denen Angehörige Abschied von den Verstorbenen nehmen können, belegt. Auch im Kühlraum liegen Särge. An den Türen kleben weisse Papiere mit dicker Aufschrift «Corona». Sie dienen den Bestattern zur Information.

Acht von zehn im Zusammenhang mit Corona gestorben

Zum Veranschaulichen, wie die Situation derzeit aussieht, nennt Markus Marghitola einen Richtwert: «Acht von zehn sind Corona-Verstorbene.» Die Bestatter haben deswegen viel mehr Einsätze in den Altersheimen und im Spital. Weil die Arbeitslast so gross ist, müssten sich die Angehörigen und das Pflegepersonal manchmal ein wenig gedulden. «Wir versuchen, die Verstorbenen innert einer bis zwei Stunden abzuholen.» Die Arbeitstage haben sich dadurch verlängert.

Bei den Verstorbenen würde es sich um Personen über 60 Jahre handeln. «Ein grosser Teil hat ein hohes Alter», so der Bestatter. Ab und zu käme es aber auch vor, dass Personen in den 50ern mit Corona sterben. «Man weiss dann aber nicht ganz genau, ob sie an Corona gestorben sind oder Vorerkrankungen hatten.»

Mit Schutzanzug und Schutzbrille

Damit sich Markus Marghitola nicht auch infiziert, zieht er für seine Arbeit einen weissen Schutzanzug und Handschuhe an. Auch eine Schutzbrille gehört zur Ausrüstung – so wie im Spital. «Wir müssen besonders vorsichtig sein», sagt der 52-Jährige. Die Bestatter hätten sehr nahen Kontakt zu den Verstorbenen. Niemand wisse, ob sie immer noch ansteckend seien.

Zum Schutz werden auch die Särge zuvor desinfiziert. Bei den Coronatoten bleiben die Särge ausserdem geschlossen, auch wenn Angehörige Abschied nehmen möchten. «Das ist eine sehr grosse Belastung für sie», so der Bestatter. Schon im Altersheim hätten die Angehörigen oftmals nicht Abschied nehmen können. «Die Leute haben viel Mühe damit.» Marghitola ist dann für die Angehörigen da und versucht, ihnen die Situation zu erklären. Auch muss er viele Fragen beantworten, denn es gibt wegen Corona bei den Bestattungen Einschränkungen. So dürfen nur noch 37 Personen an der Abdankung teilnehmen, anstatt hundert.

Bestatter wollen sich mit Pflegepersonal impfen lassen

Ob die Situation den Bestatter zusätzlich belastet? «Jein.» Er mache sich viel Gedanken wegen einer möglichen Ansteckung und fürchte sich davor, seine Familie anzustecken. Marghitola hat deswegen eine Anfrage beim Bund gestartet, damit Bestatter bei der Impfstrategie zum Pflegepersonal hinzugezählt werden. Von Bern erhielt er aber eine Absage. «Ich werde mich aber sobald wie möglich impfen lassen.»

Dass noch mehr Arbeit auf den 52-Jährigen wartet, davor hat der Bestatter keine Angst. Auch wenn in den Medien von Virus-Mutationen berichtet wird. «Klar besprechen wir das täglich im Team. Ich habe keine Bedenken, dass es mehr Arbeit gibt. Die jetzige Situation wird aber nicht so schnell aufhören.»

veröffentlicht: 13. Januar 2021 10:16
aktualisiert: 13. Januar 2021 11:31
Quelle: FM1Today

Anzeige
Anzeige