VBSG meldeten Crash nicht der Polizei

19.10.2018, 12:19 Uhr
· Online seit 19.10.2018, 12:08 Uhr
Bei der Haltestelle Singenberg in St.Gallen sind vor zwei Wochen zwei Busse kollidiert, zwei Personen wurden verletzt, doch die St.Galler Verkehrsbetriebe haben den Fall nicht gemeldet. Nun sucht die Polizei Zeugen. Das ist kein Einzelfall.
Angela Mueller
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Gerade als der Bus der Linie 1 am Samstagabend um 20.30 Uhr bei der Haltestelle Singenberg losfährt, meldet sich noch ein Fahrgast, der aussteigen will. Der Chauffeur stoppt freundlicherweise die Anfahrt in Richtung Kantonsspital und will gerade die Türe öffnen, als es passiert: Von hinten rammt ein Bus der Linie 7 das Busheck. Der Knall war so laut, dass ihn eine Nachbarin hörte, wie sie auf Facebook schreibt. «Ich bin sofort zum Fenster gerannt.»

Die Fahrgäste mussten aussteigen und die beiden beschädigten Busse fuhren kurze Zeit später davon. Die Front des unfallverursachenden Busses der Linie 7 war stark demoliert. «Die Chauffeure haben sofort nachgefragt, ob jemand verletzt sei», sagt Ralf Eigenmann, Direktor der St.Galler Verkehrsbetriebe VBSG, «es hat sich niemand gemeldet. Da wir in diesem Moment die einzigen Geschädigten waren, haben wir die Polizei nicht informiert.» Erst eine halbe Stunde später meldeten sich dann doch noch zwei verletzte Frauen bei der VBSG.

Fahrdienstleiter hat den Fall nicht gemeldet

Spätestens dies wäre der Zeitpunkt gewesen, wo eine Meldung der VBSG an die Polizei hätte stattfinden müssen. «Wenn es Verletzte gibt, und die Verletzung nicht absolut harmlos ist, gilt die Meldepflicht gegenüber der Polizei», sagt Markus Ruhe, Rechtsanwalt beim Advokatbüro Dähler&Lippuner.

Doch die Meldung blieb aus. «Es wäre die Aufgabe des Fahrdienstleiters gewesen, dies zu melden, doch das hat er nicht getan», sagt Eigenmann. Er vermutet, dass dieser sich dagegen entschieden habe, weil die Unfallstelle bereits geräumt war und die Beschreibung der Beeinträchtigungen, mit Schwindel und Kopfschmerzen, von der Leitstelle als eher leichte Verletzungen beurteilt wurden.

Gleich mehrere Personen verletzt

Eine Woche später veröffentlichte die Stadtpolizei St.Gallen einen Zeugenaufruf. «Ein betroffener Fahrgast hat sich bei der Polizei gemeldet», sagt Dionys Widmer, Sprecher der Stadtpolizei St.Gallen. Gemäss ersten Erkenntnissen seien mehrere Personen verletzt worden, welche selbstständig ins Spital gegangen seien. Deshalb hat die Polizei nun die Ermittlungen aufgenommen. Einzelne Hinweise seien bereits eingegangen.

Der Unfall an der Singenbergstrasse am 6. Oktober ist kein Einzelfall. Im Juli dieses Jahres gab es an der Berneggstrasse in St.Georgen einen Zwischenfall, den die VBSG nicht gemeldet hatten. Weil  der Bus der Linie 2 ohne Chauffeur losrollte, sind einige Fahrgäste aus dem Bus gesprungen und haben sich dabei verletzt. Dem VBSG-Direktor Ralf Eigenmann wird nun Verletzung der Meldepflicht vorgeworfen.

«Schwierig, richtig abzuschätzen»

«Es ist immer wieder schwierig abzuschätzen, wann ein Zwischenfall bei der Polizei gemeldet werden muss», sagt Eigenmann. «Gerade wenn es so ist, dass sich Verletzte erst später melden», sagt Eigenmann. Ausserdem sei es so, dass die Versicherung der VBSG alle Schäden übernimmt, egal ob es dazu einen Polizeirapport gibt oder nicht.

Doch die vergangenen Fälle haben bei der VBSG etwas bewirkt: «In Zukunft werden wir alle Vorfälle der Polizei melden.» So wie zum Beispiel den Fast-Unfall am Mittwoch auf dem Marktplatz: Dank einer Vollbremsung konnte ein Buschauffeur verhindern, dass ein kleiner Junge überfahren wurde. Dabei wurden aber Personen im Bus verletzt. Dionys Widmer von der Stadtpolizei bestätigt. «In solchen Fällen ist es immer besser, die Polizei einmal zu viel als zu wenig zu rufen.»

veröffentlicht: 19. Oktober 2018 12:08
aktualisiert: 19. Oktober 2018 12:19

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