Tobias Hänni | Ostschweiz am Sonntag
Die Unterstützung für Österreichs Raucher kam von ganz oben rechts. Heinz-Christian Strache, Parteichef der rechtspopulistischen FPÖ und selbst passionierter Raucher, hatte es zur Bedingung für eine Koalition mit der ÖVP gemacht: dass die neue Regierung das absolute Rauchverbot kippt, das ab Mai gegolten hätte. Vor kurzem hat die Koalitionsregierung nun das Gesetz mit ihrer Parlamentsmehrheit versenkt. Damit bleibt es Österreichs Wirten und Barbetreibern auch in Zukunft überlassen, ob sie das Rauchen in ihrem Lokal verbieten.
Diese Freiheit hätte auch Christine Foppa gerne. «Ich finde es super, wie die Österreicher das gemacht haben», sagt die Geschäftsführerin des Restaurants Pöstli in Rheineck. Seit Einführung des Rauchverbots – im Kanton St. Gallen 2008 – seien Anlässe in ihrem Restaurant nicht mehr dasselbe. «Ein Teil der Gäste steht ständig draussen. Das wirkt sich auf die Stimmung aus.» Teilweise würden Gäste auch auf Kaffee verzichten und diesen lieber zu Hause zu sich nehmen – zusammen mit einer Zigarette.
Foppas Restaurant – ein Steinwurf von der Grenze zum Vorarlbergischen entfernt – verfügt zwar über zwei Räume. Den einen davon als Fumoir nutzen kann sie trotzdem nicht. «Der Raum ist zu gross dafür.» Gemäss kantonaler Verordnung zum Schutz vor Passivrauchen darf im Kanton St. Gallen ein Fumoir maximal ein Drittel der Gesamtfläche ausmachen. Das liberale Rauchergesetz im nahen Österreich wirkt sich auf ihre Gästezahlen aus, glaubt Foppa. «Möchte jemand nach dem Essen in aller Ruhe eine Zigarre rauchen, geht er dafür in ein Restaurant in Vorarlberg.»
Raucherlokale sind keine Konkurrenz
Auch Carmen Breitenmoser von der Tatort-Stadtbeiz in Altstätten würde es begrüssen, wenn jeder Wirt selbst entscheiden könnte, ob in seinem Lokal geraucht werden darf. Rauchen sei geselliger, findet die Co-Geschäftsführerin der Stadtbeiz. «Unser Lokal mit 20 Plätzen ist aber leider zu klein für ein Fumoir.»
Madlen Oesch vom «Hecht» in Widnau hat sich mit dem Rauchverbot gut arrangiert. Als das Verbot eingeführt wurde, hatte sie noch Angst, dieses werde den Umsatz drücken. «Das hat sich nicht bewahrheitet. Und jetzt kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, dass im Speisesaal mal geraucht werden durfte.» Für ihre rauchenden Gäste hat Oesch in der Bar des «Hechts» ein Fumoir eingerichtet. Dass Raucherlokale ennet der Grenze ihr Gäste streitig machen, glaubt sie nicht. «Die Schweizer fahren nicht wegen des Rauchens, sondern wegen der tiefen Preise rüber», sagt die Beizerin.
David Mäder von der Sitegass-Bar in Altstätten sieht es ähnlich. «Das liberalere Rauchergesetz in Österreich macht mir keine Sorgen.» Leute aus dem Rheintal gingen wegen der Clubs ins Vorarlberg. Obwohl Mäder selber raucht, ist es ihm inzwischen lieber, dass seine Bar – abgesehen vom Fumoir – rauchfrei ist. «Die Kleider stinken nicht mehr.»
Verbände halten am Rauchverbot fest
Ein Grossteil der Gastrobetriebe in Grenznähe habe das Rauchverbot inzwischen akzeptiert, sagt Michael Batt, Pressesprecher von Gastro Bodensee-Rheintal. «Eine Diskussion ist bei uns wegen der Gesetzgebung in Österreich nicht aufgekommen.»
Auch beim kantonalen Verband Gastro St. Gallen löst das Verbot keine Debatten mehr aus. «Ich höre zwar nach wie vor von Quartierbeizern, die gerne ein Raucherlokal betreiben würden», sagt Verbandspräsident Walter Tobler. Doch für eine Lockerung zu kämpfen sei derzeit verlorene Zeit. Dafür sei die politische Wetterlage im Moment nicht die richtige.
Dieser Artikel erschien am 1.4.2018 erstmals in der «Ostschweiz am Sonntag».