Per «Du» durch Ebnat-Kappel

· Online seit 22.08.2017, 18:08 Uhr
Den Chef oder Polizeibeamten per Du ansprechen? Der Bäckerin beim Eintritt in die Bäckerei «Hoi» sagen? Ginge es nach dem Verkehrsverein Ebnat-Kappel, wäre dies im Dorf bald Realität. Der Verein hat sich eine spezielle «Duzis»-Aktion für das Strassenfest am Wochenende überlegt.
Leila Akbarzada
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Ein Strassenfest stehe für positive Stimmung: «Gutes Essen, gute Musik, bestenfalls auch gutes Wetter», sagt Patrick Zollinger, Präsident des Verkehrsvereins Ebnat-Kappel gegenüber FM1 und bestätigt seine Aussagen im 20min.ch. «Wir vom Verein haben uns überlegt: Was können wir für die gute Stimmung tun?», sagt er. So entstand die Idee, der Duzis-Aktion. Denn wer sich duze, gehe offen aufeinander zu.

Kleber zur offenen Begegnung

Darum verschickt der Verein im Vorfeld allen Bewohnern von Ebnat-Kappel rote Du-Kleber. Man hofft, dass möglichst viele Klebebuttons am Strassenfest getragen werden. «Man signalisiert so: He, du kannst mich duzen!». Der Verein wird die Kleber auch während des Strassenfests verteilen und hofft, dass möglichst viele Leute auf den «Du-Zug» aufspringen.

Effekt übers Wochenende hinaus

Dabei erhofft sich der passionierte «Duzer», dass das «Du» auch nach dem Strassenfest etwas beibehalten wird. «Schön wäre, wenn beispielsweise der Bäcker nach diesem Strassenfest so einen Kleber in seiner Bäckerei anbringt und in Zukunft alle seine Kunden duzt - natürlich nur mit deren Einverständnis.»

«Das wäre aber meine persönliche Idee», betont er. Er sei mit der Idee teilweise auf starken Widerstand im Verkehrsverein getroffen. Er wolle nichts zwanghaft durchsetzen. «Es ist ein lockerer Versuch. Wenn es funktioniert, warum dann nicht weiterziehen?»

«Du» in der Amtssprache

Ein gesetzlich festgesetztes «Du» im Amtsdeutsch? Das gibt es in der Schweiz noch nicht. Recherchen von Patrick Zollinger zeigten aber: Eine deutsche Gemeinde hat das lanciert. «Dort wurde das ‹Du› amtlich festgesetzt. In sämtlichen Amtsschreiben werden die Bürger mit ‹Du› angesprochen», weiss Zollinger. In der Schweiz sei es der erste Veruch, das «Duzis» einzuführen, zumindest temporär. «Wir sind gespannt, welche Dynamik daraus entsteht», sagt Zollinger.

Kritische Stimmen

Er hat schon viele Reaktionen auf die Aktion erhalten, sah einige seiner Kleber an Autos und Briefkästen. «Ich wurde schon mehrmals angesprochen, zum Beispiel heute Morgen. Ein Mann fuhr beim Bahnhof an mir vorbei, liess die Scheibe herunter, und rief: ‹Coole Idee, ich werde mir den Kleber aufkleben›. Der hätte sonst sicher nicht mit mir geredet», sagt Zollinger. Es sei definitiv ein Smalltalk-Thema.

Konservative Jugendliche?

Es gab aber auch kritische Kommentare. «Mich traf, dass man mir unterstellt, ich sei nicht anständig», sagt Zollinger. Ungefragt jemanden zu duzen sei natürlich nicht höflich. Aber wenn man bewusst diesen roten Button aufklebe, könne man sich zum duzen «anbieten». Die kritischen Meinungen kamen übrigens auch von jungen Erwachsenen, und nicht nur von älteren Bürgerinnen und Bürgern. «Ich denke, meine Generation so zwischen 30 und 50 ist da sehr offen», sagt Zollinger.

Das Strassenfest in Ebnat-Kappel beginnt am Samstagmittag und dauert bis zum Sonntagmittag. «Wir hoffen auf viele rote Eindrücke.»

veröffentlicht: 22. August 2017 18:08
aktualisiert: 22. August 2017 18:08
Quelle: lak

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