Neue Krawalle in Frankreich erwartet - Ordnungskräfte aufgestockt

06.12.2018, 22:10 Uhr
· Online seit 06.12.2018, 14:01 Uhr
Frankreich rüstet sich mit einem grossen Aufgebot an Sicherheitskräften gegen Gewalt und neue Ausschreitungen. Für Samstag werden rund 89'000 Polizisten und andere Ordnungskräfte mobilisiert, davon 8000 in Paris.
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Das sagte Premierminister Édouard Philippe am Donnerstagabend im Fernsehsender TF1. Die Zahl ist deutlich höher als die 65'000, von denen zunächst die Rede gewesen war. Am Samstag soll es wieder Demonstrationen der «Gelben Westen» geben.

«Das ist eine aussergewöhnliche Mobilmachung», resümierte der Premier. Es solle in Paris auch etwa ein Dutzend gepanzerter Fahrzeuge der Gendarmerie eingesetzt werden. «Wir wollen nicht (....), dass die Republik, die Institutionen (und) die gemeinsame Sicherheit aufs Spiel gesetzt werden.» Unterdessen breitet sich der Protest im Land auf weitere gesellschaftliche Gruppen aus.

Am vergangenen Wochenende lieferten sich Demonstranten bei Protesten in Paris der «Gelben Westen» Strassenschlachten mit der Polizei. Autos gingen in Flammen auf, Geschäfte wurden geplündert. DiePolizei nahm über 400 Menschen fest - ein Niveau, das in den vergangenen Jahrzehnten nicht erreicht wurde.

Es ist mittlerweile das vierte Wochenende in Folge, an dem mit grossen Aktionen im Land protestiert wird. Die «Gelben Westen» demonstrieren seit Mitte November gegen geplante Steuererhöhungen auf Benzin und Diesel - mittlerweile ist der Protest aber viel allgemeinerer Natur und richtet sich gegen die Regierung und Präsident Emmanuel Macron.

Seit Montag protestieren in ganz Frankreich auch Schüler und Studenten gegen Reformen im Bildungsbereich. Sie blockieren Bildungseinrichtungen. Auch hier ist die Lage angespannt.

Bei Demonstrationen wurden am Donnerstag in der Nähe von Paris 146 Menschen festgenommen. Dabei handelte es sich vor allem um Schüler, die in der Nähe einer Schule in Mantes-la-Jolie protestiert hatten, wie die Polizei erklärte. Die Schüler hätten in dem Ort randaliert. Im ganzen Land wurden laut der Nachrichtenagentur AFP mehr als 700 Schüler vorläufig festgenommen.

Premier Philippe erklärte im Senat, Innenminister Christophe Castaner rufe dazu auf, am Samstag nicht in Paris zu demonstrieren. Es sei nicht verboten, zu demonstrieren - allerdings würden so Demonstranten nicht in die Falle von Schlägern geraten.

Die Krise wirkt sich auch auf den Tourismus aus, der ein wichtiges wirtschaftliches Standbein Frankreichs ist. Wegen der erwarteten Proteste wird das Wahrzeichen von Paris, der Eiffelturm, am Samstag für Besucher geschlossen bleiben. Auch die Oper und Museen wie der weltbekannte Louvre wollen nicht öffnen.

Präsident Macron war den Demonstranten am Mittwochabend ein Stück weiter entgegengekommen und hatte angekündigt, die geplanten Steuererhöhungen für Benzin und Diesel für das Jahr 2019 ausser Kraft zu setzen. An diesen Erhöhungen hatte sich der Protest der «Gelben Westen» entzündet.

Mit öffentlichen Auftritten hielt sich der Präsident nach seiner Rückkehr vom G20-Gipfel in Argentinien aber zurück. Die Erklärungen für die Politik der Regierung lieferte stattdessen Premier Philippe vor der Nationalversammlung und dem Senat. Den Kurswechsel bei den Steuererhöhungen kündigte Umweltminister François de Rugy während einer Livesendung im Fernsehen an.

Wenn der Bildungsminister nicht bald eine starke Antwort gebe, werde es Todesfälle geben, sagte der Präsident der Nationalen Schülerunion, Louis Boyard, dem Sender BFMTV. Er fürchte bei den Protesten Gewalt - und rief gleichzeitig zur Ruhe auf.

Einige Bereiche der Pariser Universität Sorbonne blieben am Donnerstag geschlossen, wie die Hochschule mitteilte. Medienberichten zufolge hatten zuvor mehrere Menschen versucht, Teile der Universität zu besetzen.

Für kommende Woche haben die Landwirte Proteste angekündigt. Ein Grund für die Wut der Bauern sei «Agri-Bashing» - also pauschale Angriffe auf den Berufsstand der Bauern, hiess es von der Bauerngewerkschaft. Die Bauern fühlten sich «gedemütigt».

Unterdessen stellt sich die französische Hauptstadt auf weitere Krawalle ein. Rund um den Pariser Arc de Triomphe, wo es am vergangenen Wochenende vor allem zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen war, war Polizei im Einsatz.

Mit Blick auf mögliche neue Ausschreitungen wurden auch mehrere Fussballspiele abgesagt. Dazu zählt die für Freitag geplante Partie zwischen der AS Monaco und dem OGC Nizza.

veröffentlicht: 6. Dezember 2018 14:01
aktualisiert: 6. Dezember 2018 22:10
Quelle: SDA

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