Schweiz

Beobachtungsstelle: Stärkere Berücksichtigung von Kindern in Asylverfahren

24.11.2020, 07:29 Uhr
· Online seit 24.11.2020, 07:02 Uhr
Die Schweizer Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht (SBAA) kritisiert in einem Fachbericht, dass die Behörden das Kindeswohl in Asylverfahren nicht systematisch berücksichtigen.
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Zu oft würden migrationspolitische Interessen der Kantone und des Bundes höher gewichtet als die Interessen von Minderjährigen, schreibt die SBAA in ihrem Fachbericht, welcher am Dienstag veröffentlicht wurde. Unter anderem anhand von dokumentierten Einzelfällen untersuchte die Beobachtungsstelle, wie die Behörden Kindeswohl und Kinderrechte in den Verfahren berücksichtigen. Und sie stellt fest, dass dies «nicht systematisch» geschieht.

In einer Medienmitteilung vom Dienstag führt die SBAA beispielsweise den Fall eines Geschwisterpaares an, das in der Schweiz geboren und aufgewachsen ist und dennoch im Alter von 11 und 16 Jahren mit den Eltern nach Indien weggewiesen wurde. «Die Kinder müssen nun ihre Berufslehre und Schule abbrechen und in ein Land ziehen, das sie kaum kennen», heisst es in der Mitteilung.

Schutz vor Ausweisung und umgekehrter Familiennachzug

Die SBAA fordert, dass das Kindeswohl künftig «systematisch ermittelt und berücksichtigt» wird. Eine sorgfältigere Abwägung zwischen den Interessen der betroffenen Kinder und Jugendlichen und des Staates sei unerlässlich, heisst es in der Mitteilung weiter. Für Kinder und Jugendliche, die die Mehrheit ihrer Lebensjahre in der Schweiz verbracht haben, solle ein spezieller Schutz vor Ausweisung eingeführt werden.

Ebenfalls stellt die SBAA Forderungen im Bereich des Familiennachzuges: «Die Schweiz muss von ihren rechtlichen Möglichkeiten umfassenden Gebrauch machen, damit minderjährige Kinder aus dem Ausland einfacher zu ihren Eltern in die Schweiz einreisen können.» Es sei zudem dringend nötig, dass die Schweiz das Recht auf umgekehrten Familiennachzug auf Gesetzesstufe einführt. Es könne nicht sein, dass ein Elternteil mit alleinigem Sorgerecht weggewiesen wird.

Auch Kinder von Eltern ohne Aufenthaltsstatus sollen laut der Beobachtungsstelle besser geschützt werden. «Minderjährige sollen nicht unverschuldet den illegalen Aufenthaltsstatus ihrer Eltern übernehmen müssen», schreibt die SBAA. Dies beeinträchtige sie in der Schule und in der Ausbildung und erschwere ihre Integration unnötig.

(agl)

veröffentlicht: 24. November 2020 07:02
aktualisiert: 24. November 2020 07:29
Quelle: CH Media

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