Krankheit

Blut, Trinkwasser oder Sex: Hepatitis ist nicht gleich Hepatitis

· Online seit 28.05.2023, 06:40 Uhr
Nicht nur die Übertragungsarten von Hepatitis sind vielfältig. Auch Symptome, Schweregrad und Dauer der Krankheit sind von Form zu Form unterschiedlich. Wir haben für dich aufgeschlüsselt, was Hepatitis überhaupt ist und wie du dich schützen kannst.
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Weil eine Aargauer Zahnarztpraxis ihre Instrumente nicht korrekt desinfiziert hatte, müssen sich nun ehemalige Patienten und Patientinnen auf HIV und auch auf Hepatitis B und C testen. Doch nicht nur bei unsterilen Instrumenten läuft man Gefahr, sich mit dem Hepatitis-Virus zu infizieren. Wir haben beim Experten Philip Bruggmann, Facharzt für Innere Medizin und Vereinspräsident von Hepatitis Schweiz, nachgefragt.

Ursache von Hepatitis

Hepatitis ist eine Leberentzündung. Der Auslöser für die Entzündung ist eine Schädigung oder Zerstörung von Leberzellen. Die Schädigung kann nicht nur durch Alkoholmissbrauch oder Nebenwirkungen von gewissen Medikamenten ausgelöst werden, sondern auch durch virale Krankheitserreger, erklärt Bruggmann. Bei den viralen Krankheitserregern wird zwischen den fünf Formen A, B, C, D und E unterschieden. Die verschiedenen Viren werden unterschiedlich übertragen und unterscheiden sich auch im Krankheitsverlauf.

Hepatitis A – das Reisehepatitis

Nicht nur Krankheiten wie Malaria oder aktuell das Zika-Virus sind bekannt als Reisekrankheiten, auch Hepatitis A zählt zu dieser Kategorie. Das A-Virus ist vor allem in Ländern mit niedrigen Hygienestandards verbreitet, denn die Übertragung erfolgt durch Wasser und Nahrungsmittel, welche mit Kot verunreinigt sind. Das A-Virus wird nämlich über den Darm ausgeschieden. Auch durch ungeschützten Analverkehr oder unzureichende Handhygiene wird das Risiko einer Ansteckung erhöht. Betroffene leiden meist an Grippesymptomen und an Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Brechreiz, Verstopfungen oder Durchfall. In der Regel heilt die Krankheit nach einigen Wochen oder Monaten von selbst wieder aus, sagt Bruggmann.


Hepatitis B – die häufigste Infektionskrankheit

Mehr als eine halbe Million Menschen sterben weltweit jährlich an Hepatitis B. Sie gehört in der Schweiz zur häufigsten viralen Infektionskrankheit. Das Risiko, sich an einer verunreinigten Nadel mit Hepatitis B anzustecken, ist 50- bis 100-mal höher als bei HIV. Das B-Virus wird, wie HIV, über das Blut oder sexuell übertragen. Es sind aber nicht nur Suchtkranke gefährdet. Zwar ist das Tauschen von Konsum- und Zubereitungsmaterialien beim Drogenkonsum ein grosses Risiko, aber auch ungeschützter Geschlechtsverkehr oder mangelnde Hygienestandards, wie beispielsweise bei Tätowierungen oder Piercings, sind eine Gefahr.

Die meisten Betroffenen haben keine oder sehr unspezifische Symptome. Jedoch kann eine unbehandelte Infektion zu einer chronischen Leberinfektion führen, die später zu einer Leberzirrhose (Vernarbung der Leber) oder Leberkrebs führen. Nach einer Ansteckung ist eine Ausheilung bei Erwachsenen möglich, nicht aber wenn man sich bei der Geburt durch die Mutter oder als Kleinkind angesteckt hat. Ob eine Behandlung notwendig ist, hängt vom Zustand der Leber ab, erklärt Bruggmann. Wenn eine Therapie nötig ist, wird dies in den meisten Fällen mit Tabletten durchgeführt.


Hepatitis C – die stille Epidemie 

Mehr als 30'000 Menschen sind in der Schweiz an Hepatitis C erkrankt, doch laut Hepatitis Schweiz weiss rund ein Drittel von der eigenen Infektion nichts. Die Weltgesundheitsorganisation spricht deswegen von einer «stillen Epidemie». Das Virus überträgt sich wie bei Hepatitis B durch infiziertes Blut, aber nur selten durch Geschlechtsverkehr. In einem von fünf Fällen heilt die Krankheit von selbst aus, was zur Folge hat, dass sich häufig eine dauerhafte Infektion bildet und zu einer Vernarbung der Leber führen kann.

Die Symptome sind sehr unspezifisch, sodass sie selten mit dem Virus in Verbindung gebracht werden. Das häufigste Symptom ist Müdigkeit, welche so stark sein kann, dass der normale Alltag schwer eingeschränkt wird. Hepatitis C ist, im Gegensatz zu den anderen Formen, heilbar. Bei einer Diagnose wird immer eine Therapie verordnet, bei der während acht bis zwölf Wochen Tabletten eingenommen werden müssen. Der Behandlungserfolg liegt bei 95 Prozent.


Hepatitis D – das defekte Virus

Hepatitis D ist ein defektes Virus, ein sogenanntes Virusoid. Das bedeutet, dass es sich nicht selbstständig vermehren kann und deswegen das Hepatitis-B-Virus braucht. In der Schweiz taucht die Infektion des D-Virus kaum auf, aber die Ärzteschaft geht von einer grossen Dunkelziffer aus, da die wenigsten Hepatitis-B-Angesteckten auch auf Hepatitis D getestet werden. Hepatitis D verschlimmert oft den Verlauf einer Hepatitis-B-Infektion und erhöht deswegen das Risiko einer Leberzirrhose oder von Leberkrebs noch mehr. Ist das Hepatitis-B-Virus vorhanden, kann eine Ansteckung mit Hepatitis D laut Bruggmann nur durch Vermeidung von Risikofaktoren wie Sexual- und Blutkontakten vermieden werden.


Hepatitis E – das Tierhepatitis

Das E-Virus ist weltweit verbreitet. Es ist wie das A-Virus über verunreinigtes Wasser und Nahrungsmittel übertragbar. Das E-Virus kann sich aber auch in Tieren verbreiten und ist deswegen auch in Industrieländern verbreitet. Hier wird es vor allem durch das Essen von rohem oder nicht ganz durchgegartem Wild- oder Schweinefleisch übertragen. In der Regel heilt die Infektion von selbst aus und verläuft häufig symptomfrei, aber ähnlich wie beim A-Virus sind Magen-Darm-Beschwerden möglich oder auch eine vergrösserte Leber. Die Symptome klingen nach der Ausheilung im Normalfall wieder ab. Es ist noch nicht klar, ob nach einer Ansteckung eine lebenslängliche Immunität besteht. Sicher ist aber, dass nach einer Infektion zumindest für eine gewisse Zeit ein Schutz besteht.

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veröffentlicht: 28. Mai 2023 06:40
aktualisiert: 28. Mai 2023 06:40
Quelle: ArgoviaToday

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