Bilder vom Weihnachtsmarkt, vom Shopping-Ausflug nach New York oder vom gemeinsamen Brunch mit den Liebsten: In den sozialen Medien sind nicht nur banale Dinge zu finden. In Videos, Bildern und Kommentaren glorifizieren Jugendliche auch immer wieder ihren Drogenkonsum.
Angebote en masse
Doch das ist längst nicht alles. Wie einfach es ist, via Instagram, Tiktok und Co. sogar an harte Drogen zu gelangen, zeigt ein Selbstversuch der «SonntagsZeitung». Sie hat sich mit einem gefälschten Profil für zwei Monate in die Abgründe der sozialen Medien begeben.
Bereits nach kurzer Zeit flatterten diverse Angebote von Dealerinnen und Dealern ins Postfach. Je mehr man sich vernetzt, desto mehr Chats werden einem vorgeschlagen. Gleiches passiert bei Videos, Fotos oder Posts über Drogen, denen man ein «Like» gibt. Ein Algorithmus schlägt dann automatisch ähnliche Profile vor.
Innert 24 Stunden zu Crystal Meth
Insgesamt wurden zwei Testkäufe durchgeführt: In einem Fall wurde die Zeitung Opfer eines Betrugs und sah die bestellten Drogen nie, im anderen Fall lag ein Umschlag mit Crystal Meth innert 24 Stunden im Briefkasten. 1 Gramm reinstes Crystal Meth – bestellt via soziale Medien und ohne Alterskontrolle.
«Die Hürde, an harte Substanzen ranzukommen, wird leider immer tiefer – und das ist gefährlich», sagt Michel Sutter. Er hat die Organisation «Peerspektive» gegründet, um die Themen Sucht und psychische Krankheiten zu enttabuisieren und zu entstigmatisieren.
Ermittler haben kaum eine Chance
Meist laufen die Deals nach dem gleichen Schema ab: Nachdem die Dealerin oder der Dealer Kontakt mit dem potenziellen Kaufinteressenten aufgenommen hat, wird auf den Messenger-Dienst Telegram gewechselt. Dort werden die Einzelheiten ausgehandelt, Lieferadresse bekannt gegeben und die Zahlungsmodalitäten vereinbart.
Bezahlt wird meist via Bitcoin oder Paysafe, versendet per Post. Und genau darin liegt das Problem, sagt Serdar Günal Rütsche, Leiter des Netzwerks digitale Ermittlungsstützung Internetkriminalität und Chef Cybercrime der Kantonspolizei Zürich. Denn auf Messenger-Diensten wie Telegram werde die IP-Adresse versteckt und Krypto-Zahlungen seien nur schwer nachzuverfolgen.
Bessere Aufklärung gefordert
Die Polizei agiert unterdessen immer häufiger auch verdeckt in die sozialen Medien. Nichtsdestotrotz ist diese Arbeit nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Beratungsstellen wie die Organisation «Peerspektive» oder das Drogeninformationszentrum in Zürich schlagen deshalb vor, Instagram und Tiktok stärker in die Pflicht zu nehmen.
Dringend nötig sei mehr Aufklärung, eine engere Überwachung des Konsums und mehr Forschung. Und die Jugendlichen müssten in ihrer Persönlichkeit gestärkt werden, damit sie die Risiken selbst erkennen.
(scd)