Der türkische Aussenminister Cavusoglu kommt nicht in die Schweiz

11.03.2017, 22:10 Uhr
· Online seit 11.03.2017, 10:28 Uhr
Der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu wird nicht in die Schweiz kommen. Er hat den für Sonntag geplanten Auftritt auf unbestimmte Zeit verschoben, wie die Organisation Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) bestätigte.
Anzeige

Münir Sarucan, Vizegeschäftsführer der UETD, die den Anlass organisiert, bestätigte am Samstag entsprechende Angaben der «SonntagsZeitung».

Cavusoglu wird stattdessen vor Landsleuten bei einer genehmigten Veranstaltung im französischen Metz sprechen. Ein Auftritt in den Niederlanden vom Samstag wurde von der Regierung in Den Haag verhindert, nachdem Cavusoglu der Niederlande mit Sanktionen gedroht hatte, falls er nicht auftreten dürfte.

Die türkische Regierungspartei AKP ist derzeit in mehreren europäischen Ländern auf Abstimmungskampagne: Sie wirbt bei Auslandtürkinnen und -türken für eine Verfassungsänderung, die Präsident Recep Tayyip Erdogan deutlich mehr Befugnisse einräumen würde.

Eine für Sonntag im Hilton Hotel in Opfikon geplante Veranstaltung von Cavusoglu hatte das Hotel bereits wegen Sicherheitsbedenken abgesagt. Für eine komplette Absage hatte sich die Zürcher Regierung stark gemacht.

Der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr nahm mit grosser Erleichterung davon Kenntnis, dass der kurzfristig angesetzte Auftritt des türkischen Aussenministers in Zürich nicht stattfindet. Damit habe eine akute Gefährdung er öffentlichen Sicherheit abgewendet werden können, teilte die Zürcher Sicherheitsdirektion am Samstagabend mit.

Die Sicherheitsdirektion geht aufgrund der ihr vorliegenden Informationen davon aus, dass sowohl regierungsnahe wie auch regierungskritische Gruppierungen von im Ausland lebenden türkischen Staatsbürgern den Auftritt ihres Aussenministers zum Anlass für Demonstrationen genommen hätten.

In der Folge wäre mit Zusammenstössen zwischen den beiden Gruppierungen zu rechnen gewesen, heisst es weiter. Dies hätte für alle Beteiligten und Dritte erhebliche Risiken bedeutet.

Anders stufte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) den Besuch von Cavusoglu ein. Es gebe keine besonders erhöhte Bedrohung der inneren Sicherheit. Es lägen deshalb auch keine Gründe für ein Verbot vor.

Dies machte auch Bundesrat Didier Burkhalter in einem Interview mit dem Westschweizer Radio RTS klar. Die Grundrechte und die freie Meinungsäusserung dürften nicht eingeschränkt werden, sagte er.

Mit dieser Haltung zeige die Schweiz den anderen Staaten klar, dass es wichtig sei, diese Rechte zu garantieren, sagte er weiter. Natürlich könne die Schweiz Massnahmen ergreifen, falls die Sicherheit nicht garantiert werden könnte. Praktisch im Stundentakt werde die Situation analysiert.

Burkhalter wies auch darauf hin, dass Kurdenführer sich letztes Jahr ebenfalls hätten frei in der Schweiz äussern können. Die türkischen Führer müssten dies deshalb auch tun dürfen im Hinblick auf das Referendum vom 16. April über die Verfassungsreform in der Türkei.

Die Schweiz habe nach dem gescheiterten Putschversuch vom Juli in der Türkei eine klare Haltung eingenommen. Sie habe ihn verurteilt und einen «direkten, ehrlichen und auf Augenhöhe liegenden Dialog» mit Ankara aufgenommen. Praktisch monatlich gebe es Kontakte auf verschiedenen Niveaus.

Die Schweiz habe der Türkei auch klar gemacht, das es inakzeptabel sei, auf Schweizer Boden polizeiliche oder nachrichtendienstliche Aktivitäten zu unternehmen: Die türkischen Behörden müssten den Rechtshilfeweg nehmen, was sie in mehreren Fällen auch getan hätten.

Gemäss Burkhalter sind seit dem Putschversuch vom Juli in der Schweiz 408 Asylgesuche von türkischen Staatsangehörigen eingegangenen. Darunter dürften sich auch einige von Menschen befinden, die über einen diplomatischen Pass verfügen.

Um den Besuch Cavusoglus zu verbieten, müsste sich der Bundesrat auf Notrecht berufen, erklärte die EDA-Chefdiplomatin Pascale Baeriswyl in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF. Damit werde aber ein Präjudiz geschaffen und der Bundesrat würde bei jedem Auftritt eines Ministers in der Schweiz künftig prüfen müssen, ob er diesen erlauben oder verbieten wolle.

Auch der Istanbuler AKP-Politiker Hursit Yildirim ist am Freitagabend nach Opfikon ZH ausgewichen, nachdem die Aargauer Polizei einen geplanten Auftritt in Spreitenbach untersagt hatte.

Durch die Absage der öffentlichen Veranstaltung in Spreitenbach AG sei der bereits geplante Besuch von Yildirim, dem Vorsitzenden der türkisch-schweizerischen Parlamentariergruppe, beim Müsiad vorgezogen worden, teilte der Verein auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda mit. An der nicht öffentlichen Veranstaltung hätten rund 35 bis 40 Personen teilgenommen.

Ursprünglich wollte Yildirim in Zürich-Affoltern auftreten. Die Veranstaltung war als Familienfest angemeldet. Die Liegenschaftenverwaltung der Stadt Zürich zog die Bewilligung jedoch zurück.

veröffentlicht: 11. März 2017 10:28
aktualisiert: 11. März 2017 22:10
Quelle: SDA

Anzeige
Anzeige