Waffen für Ukraine

Deutschland hat auch Leopard-1-Panzer von Ruag im Visier

· Online seit 04.03.2023, 08:03 Uhr
Der Rüstungskonzern Rheinmetall interessiert sich nicht nur für den Kauf der Leopard-2-Panzer der Schweizer Armee. Er wünscht sich auch 96 Panzern des Vorgängermodells, die im Besitz der Ruag sind. Ein Deal ist gescheitert – aber noch nicht unmöglich.
Anzeige

Das Interesse Deutschlands an Schweizer Waffen ist noch grösser als bisher angenommen. Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall will nicht nur die Leopard-2-Panzer der Schweizer Armee zurückkaufen. Rheinmetall hat auch 96 Panzer des Vorgängermodells Leopard 1 des Schweizer Rüstungsunternehmens Ruag im Visier, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt.

Dabei handelt es sich um ein Vorgängermodell, das vielenorts seit rund 20 Jahren ausser Dienst ist. Im Gegensatz zum modernen Leopard 2 ist es leichter, hat einen schwächeren Motor und kann statt fünf Kilometer nur 2,5 Kilometer weit schiessen. Laut Experten soll der Panzer trotzdem gegen die russischen T-72-Panzer bestehen können.

Deal sei vorläufig gescheitert

Die Schweizer Armee hat Leopard-1-Panzer nie gekauft. In deren Besitz kam Ruag, weil das Unternehmen 2016 in Italien 96 gebrauchte und nicht einsatzbereite Kampfpanzer dieses Typs kaufte. Laut der Zeitung wurden sie in Lizenz in Italien gebaut und stehen nach wie vor dort. Damals wollte Ruag die Fahrzeuge oder Ersatzteile davon weiterverkaufen.

Ruag-Mediensprecherin Kirsten Hammerich bestätigt, dass Interesse an den Panzern bestehe. Ein Deal mit einem deutschen Rüstungskonzern sei nach einem ersten Anlauf aber vorläufig gescheitert.

Rheinmetall soll angefragt und deutlich gemacht haben, dass die Fahrzeuge nach ihrer Aufbereitung in die Ukraine geliefert werden sollten, sagt Hammerich. Beim Staatssekretariat für Wirtschaft habe Ruag darauf eine unverbindliche Vorabklärung verlangt, die abschlägig beantwortet worden sei.

«Schweiz würde in militärischer Unterstützungslogistik eingebunden»

Die Sache ist damit aber noch nicht gegessen. Laut Recherchen des «Tages-Anzeigers» laufen hinter den Kulissen neue rechtliche Abklärungen. Damit steht erneut die Frage der Schweizer Neutralität im Zentrum. Mit dem Verkauf von Panzern an Deutschland würde die Schweiz laut Völkerrechtler Oliver Diggelmann in die militärische Unterstützungslogistik der Ukraine eingebunden. «Die Schweiz muss sich entscheiden, ob sie sich in diese militärische Dimension involvieren will.»

Das Auffüllen der durch die Unterstützung der Ukraine entstandenen Lücken solle Deutschland militärisch stärken und neue Spielräume bei der Unterstützung verschaffen, sagte der Professor für Völkerrecht, Europarecht, öffentliches Recht und Staatsphilosophie an der Universität Zürich. «Es kommt nicht darauf an, ob für jeden einzelnen gelieferten Panzer dann ein deutscher in die Ukraine geht.»

Deutschland werde selbst zu kriegsführendem Land

Deutschland sei völkerrechtlich zurzeit ein nicht kriegsführendes Land, das die Ukraine militärische unterstütze, sagte Diggelmann. Würde diese Unterstützung aber irgendwann zu einem zentralen Element der ukrainischen Militäroperationen, werde Deutschland selbst zu einem kriegsführenden Land. «Wo diese Grenze genau liegt, ist in der Wissenschaft unklar. Überschreitet Deutschland sie, sind Panzerlieferungen neutralitätsrechtlich von vornherein ausgeschlossen.»

Für einen Verkauf der Panzer wäre die Zustimmung des Parlaments nötig. Dort hatte ein solches Geschäft bisher keine Chance.

(bza/sda)

veröffentlicht: 4. März 2023 08:03
aktualisiert: 4. März 2023 08:03
Quelle: ZüriToday

Anzeige
Anzeige