Wirtschaft

Die Post verdient nichts am Päckli-Boom

12.03.2020, 16:20 Uhr
· Online seit 12.03.2020, 09:33 Uhr
Bei der Post brechen die Gewinne weg. Sie warnt die Politik: Ändert sich nichts, wird sie handlungsunfähig.
Stefan Ehrbar
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Die Post verdient immer weniger Geld. 255 Millionen Franken betrug der Konzerngewinn im letzten Jahr. Das sind 149 Millionen Franken weniger als noch im Jahr zuvor. Das Ergebnis sank um 11 Prozent auf 450 Millionen Franken. Die Post glaubt, sich damit gut geschlagen zu haben. Das Ergebnis bewege sich «im Rahmen der Erwartungen», teilte die Konzernspitze am Donnerstag an der Bilanz-Medienkonferenz mit.

Die Rahmenbedingungen seien «unverändert schwierig». Die Post habe nun ein Zeitfenster von nur wenigen Jahren, um «auf die wesentlichen Herausforderungen zu reagieren.» Alles wie bisher zu belassen, sei keine Option. Ändere man nichts, werde der finanzielle Spielraum der Post «in absehbarer Zeit zu klein, um handlungsfähig zu bleiben», so Finanzchef Alex Glanzmann. Doch wie stellt sich die Post ihre Zukunft vor?

Teilprivatisierung von Postfinance ist umstritten

Die Finanzsparte Postfinance spielt in ihren Überlegungen eine zentrale Rolle. Sie trug mit 220 Millionen Franken einen grossen Teil zum Ergebnis bei und schloss besser ab als 2018. Doch der Erfolg täusche, so die Post. Postfinance sei darauf angewiesen, dass das Verbot, Kredite und Hypotheken selbstständig zu vergeben, falle. Das sei ein Mangel, der im aktuellen Tiefzinsumfeld nicht kompensiert werden könne. Die Post warnt: Lehne das Parlament die Aufhebung ab, sei auch die von ihr favorisierte Teilprivatisierung vom Tisch: «An einer solchen Bank will sich niemand beteiligen.» Das Geschäft ist allerdings politisch höchst umstritten, sein Erfolg alles andere als sicher. Selbst Glanzmann sagt zu dieser Zeitung, es werde wohl noch Jahre dauern, bis in Sachen Teilprivatisierung ein Entscheid falle.

Die Post braucht also Ideen, wie sie anderweitig Geld verdienen kann. In ihrem Kerngeschäft mit Briefen sinkt das Ergebnis Jahr für Jahr, weil immer weniger Briefe verschickt werden. Auch im vergangenen Jahr betrug der Rückgang fast 5 Prozent – eine gesellschaftliche Entwicklung, gegen die auch die Post nichts ausrichten kann. Von Postauto wiederum sind keine grossen Gewinnbeiträge zu erwarten, auch wenn die Bus-Tochter von Passagierrekord zu Passagierrekord eilt. Im Geschäft des subventionierten regionalen Personenverkehrs sind Gewinne nicht erlaubt. Dass die Post diese Regel in den letzten Jahren zu umgehen versuchte, hat sie in ihre vielleicht tiefste Krise gerissen, die noch immer nicht ausgestanden ist.

Der Päckli-Boom bringt der Kasse nichts

Auch vom Päckli-Boom, ausgelöst durch das florierende Online-Shopping, profitiert die Post noch nicht. Trotz 7,3 Prozent mehr verschickten Paketen sank das Ergebnis der Sparte PostLogistics im 2019. Die Post musste für viel Geld neue Paketzentren bauen, um die gestiegene Menge zu bewältigen und den Händlern spätere Aufgabezeiten zu ermöglichen. Ausserdem ist der Wettbewerb im liberalisierten Markt hart, und Rückstellungen und Folgekosten eines Raubüberfalls auf einen Geldtransporter in der Westschweiz belasteten das Ergebnis zusätzlich.

Wo ortet die Post also die nächste Goldgrube? Eine klare Antwort darauf gab sie am Donnerstag nicht. Eine Preiserhöhung für Briefe müsse «sicher thematisiert werden», lässt sich Postchef Roberto Cirillo im Geschäftsbericht zitieren. Daneben versucht es die Post mit neuen Produkten. So will sie die Paketzustellung am gleichen Tag ausbauen. Dabei fokussiere sie sich auf die Städte, sagt Finanzchef Alex Glanzmann. Zu diesem Zweck übernahm sie 2018 die Mehrheit am Startup Notime, das Pakete in den Städten mit Velos verteilt.

Post-Mitarbeiter bringen Brot

Ein weiterer Versuch ist, dass Post-Mitarbeiter als Berater auftreten. In der West- und Zentralschweiz verliefen Tests mit Post-Mitarbeitern, die Kunden zu Krankenkassen beraten, zwar positiv. «Unsere Mitarbeiter am Schalter können aber nicht uneingeschränkt als Experten für alle möglichen Themen eingesetzt werden», sagt Glanzmann. Eine andere Idee ist, dass Pöstler Brot aus der Bäckerei zu den Kunden nach Hause liefern. Ein erfolgreicher Versuch in der Region Bern soll nun auf weitere Regionen ausgedehnt werden. Das grosse Geschäft winkt aber auch dort nicht.

Mittelfristig könnte es darauf hinauslaufen, dass die Post weniger harte Auflagen bei der Grundversorgung erfüllen muss. Dazu gehört etwa die Frage, wie schnell eine Poststelle erreichbar sein muss und welche Dienstleistungen die Post allen Bürgern anbieten muss. Dass die Post darauf hinarbeitet, schreibt sie in einer neuen Broschüre etwas verklausuliert: «Die langfristige Definition des Grundversorgungsauftrags muss als zentraler Aspekt in die Evaluation des Postgesetzes einfliessen.»

veröffentlicht: 12. März 2020 09:33
aktualisiert: 12. März 2020 16:20
Quelle: CH Media

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