Klima-Ranking

Die Schweiz im Schlummermodus: «Wir verlieren hier definitiv den Anschluss»

14.11.2022, 18:56 Uhr
· Online seit 14.11.2022, 14:53 Uhr
Die Schweiz fällt im Klima-Rating sieben Plätze zurück. Für WWF-Klimaexperte Patrick Hofstetter ist das wenig überraschend.
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Am Montag hat WWF das Klima-Ranking von Climate Change Performance Index (CCPI) veröffentlich. Die Schweiz fällt dabei sieben Plätze nach hinten. Warum dem so ist, haben wir bei Klimaexperte, Patrick Hofstetter, nachgefragt.

Today: Die Schweiz sinkt von Platz 15 auf Rang 22. Wo drückt der Schuh?

Hofstetter: Es ist wenig überraschend, dass wir ins Mittelfeld abfallen. Die Schweiz hat es bisher nicht geschafft, ihr Klimaschutzgesetz auf die Beine zu stellen und die Pariser Klimaziele umzusetzen. Die Emissionen gehen viel zu wenig schnell Richtung Null-Emmissionen zurück, wie wir das international versprochen haben. Die Schweiz hat also viele Hausaufgaben zu machen.

Wo müsste sich die Schweiz überall verbessern?

Ganz klar muss sie weg von Öl und Gas und hin zur Nutzung von erneuerbaren Energien, sei es im Wärme- oder Strombereich. Bezüglich Strom gibt es jetzt Bemühungen in Bern, dass man beginnt, das Thema zu beschleunigen. Im Verkehrsbereich importieren wir europaweit gesehen die schlechtesten Neufahrzeuge. Da haben wir auch dringenden Behandlungsbedarf.

Wir sind nun sogar hinter Ägypten: Warum macht die Schweiz denn so wenig?

Noch schlimmer ist der Vergleich mit den direkten Nachbarn, mit der gesamten EU. Und das, obwohl die EU ihr grosses Umsetzungspaket noch nicht verabschiedet hat. Das wird erst im nächsten Monat stattfinden. Wir verlieren also hier definitiv den Anschluss. Ein Hauptgrund ist, dass unsere Klimagesetzgebung auf parlamentarische Diskussionen von 2008 bis 2010 beruht, wo es noch ums Kyoto-Protokoll ging. Schon längst haben wir das Pariser Abkommen unterzeichnet und müssen Ziele für den weltweiten Klimaschutz erfüllen. Das ist in der Schweiz noch nicht angekommen.

Sind Sie hinsichtlich der politischen Entwicklung optimistisch?

Wir haben jetzt sehr viele Chancen, dass wir nicht noch mehr zurückfallen. In der Energiepolitik haben wir die Möglichkeit, das Potential der erneuerbaren Energien schneller umzusetzen und die Energieeffizienz zu erhöhen. Zudem kommt der indirekte Gegenvorschlag der Gletscherinitiative wahrscheinlich im nächsten Juni vors Volk.

Sie sind zur Zeit in Ägypten an der Weltklimakonferenz. Wie schauen sie in die Zukunft?

Die erste Woche zeigt, dass es schwierig wird und die Stimmung ist eher pessimistisch, dass dabei Ende Woche etwas Relevantes raus kommt. Das ist aber nicht verwunderlich, wenn 200 Länder am selben Tag den gleichen Text gut finden müssen. Wir erwarten, wenn überhaupt, kleine weitere Schritte für die Entscheidungen die anstehen. Das ist frustrierend. Die Hoffnung muss man darin schöpfen, dass hier in Sharm el Sheikh sehr viele Leute sind, die bereits in der Umsetzung vom Klimaschutz tätig sind und Investoren, die grosse Projekte mit erneuerbarer Energie und Energieeffizienz planen. Da erwarte ich mir mehr, als in den Verhandlungen selbst. Verhandlungen selbst sind per Definition eine langsame Sache. Hingegen in der Umsetzung, was man alles machen kann, da kann man gross denken. Denn Gelder und die Technologie sind grundsätzlich da, man muss es nur noch umsetzen.

(yab)

veröffentlicht: 14. November 2022 14:53
aktualisiert: 14. November 2022 18:56
Quelle: Today-Zentralredaktion

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