«Betrug wird nicht durch Mitarbeiter begangen, sondern durch Kader», sagte Philippe Fleury, Leiter Forensik bei KPMG, am Dienstag in Zürich vor den Medien. Das Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen hat in einer Studie 750 Fälle von Wirtschaftskriminalität weltweit untersucht, rund 20 Fälle aus der Schweiz.
Nur ein kleiner Teil der Täter seien normale Mitarbeiter, sagte Fleury. Dass ein Grossteil der Delikte durch Kadermitglieder begangen würde, hörten die Manager nicht gerne. Das Bild sei aber eindeutig. Um Delikte zu verhindern, müssten die internen Kontrollen stärker auf die obersten Stufen einer Gesellschaft ausgerichtet werden.
44 Prozent der Betrüger weltweit hätten gar keiner Kontrolle unterstanden, sagte Fleury. Sie hätten machen können, was sie wollten. Es handle sich dabei um höhere Kadermitglieder, bei denen die Kontrollen «eigentlich inexistent» seien.
Entsprechend sind Wirtschaftsdelinquenten im Durchschnitt eher älter: In der Schweiz ist über die Hälfte zwischen 46 und 55 Jahre alt. Das sei kein Wunder, sagte Fleury. Diese Personen seien an der Spitze ihrer Karriere. Sie hätten die Position, um interne Kontrollen zu umgehen, und die Mittel, um Betrügereien zu begehen - beispielsweise Zugang zu IT-Systemen.
Das Klischee, dass vor allem neue Mitarbeiter Delikte begingen, sei falsch, sagte Fleury. In der Schweiz sind 36 Prozent der Betrüger seit mindestens sechs Jahren im Unternehmen tätig. Nach einiger Zeit im Betrieb kenne man die Gesellschaft und sei freier, sagte Fleury. Bei ganz neuen Mitarbeitern sei Betrug fast inexistent.
Wirtschaftskriminelle sind zur grossen Mehrheit männlich: In der Schweiz sind es 82 Prozent. Zwar habe der Anteil der durch Frauen verübten Delikte gegenüber der letzten Untersuchung vor drei Jahren leicht zugenommen, sagte Fleury. Er sei aber noch immer sehr tief.
Das könne auf zwei Arten interpretiert werden: Die pessimistische Erklärung laute, dass Frauen schlicht seltener Managementpositionen inne hätten und sie daher weniger die Möglichkeit hätten, Delikte zu begehen. Die optimistische Erklärung sei, dass Frauen ehrlicher seien - oder klüger, und deshalb weniger erwischt würden.