Schweiz

Ex-Chef der Geldwäscherei-Meldestelle kritisiert Schweizer Abwehr

21.09.2020, 08:08 Uhr
· Online seit 21.09.2020, 07:24 Uhr
Ein neues Datenleck zeigt, dass Geldwäscherei weltweit nach wie vor ein grosses Ausmass hat. Geleakte Daten der US-Meldestelle zeigen zudem: Die Schweizer Banken stehen nach wie vor mitten drin in der Problematik.
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Im Kampf gegen internationale Geldwäsche gibt es nach Recherchen eines internationalen Journalisten-Netzwerks nach wie vor erhebliche Defizite. Demnach offenbaren am Sonntagabend bekannt gewordene Informationen aus einem Datenleck des US-Finanzministeriums, dass Banken aus aller Welt über Jahre hinweg Geschäfte mit hochriskanten Kunden abgewickelt, trotz strenger Regularien mutmassliche Kriminelle als Kunden akzeptiert und für diese Überweisungen in Milliardenhöhe ausgeführt hätten.

Wie die Tamedia-Zeitungen am Montag berichten, haben etliche der 2100 – eigentlich streng geheimen, nun aber publik gewordenen –Geldwäscherei-Verdachtsmeldungen von US-Banken an die dortige Meldestelle Fincen eine Verbindung in die Schweiz. Für die Schweiz derzeit besonders brisant ist die sogenannte «FinCEN-Files»-Recherche, weil das Parlament aktuell eine Verschärfung des Geldwäschereigesetzes berät.

«Instrumentenkasten zur Geldwäschereiabwehr versagt»

«Wir wehren nur einen Bruchteil der Gelder ab, die in der Schweiz gewaschen werden», sagt Daniel Thelesklaf im Interview in den Tamedia-Zeitungen. Das Problem habe leider jedoch keine Priorität, «was eigentlich unhaltbar ist», so Thelesklaf. Und der im Juni – nach nicht mal einem Jahr – zurückgetretene ehemalige Leiter der Schweizer Geldwäscherei-Meldestelle (MROS) kommt zum Fazit: «Unser ganzer Instrumentenkasten zur Geldwäschereiabwehr versagt.» Für Autokraten sei die Schweiz nach wie vor einer der sichersten Staaten. Es strömten noch immer Milliarden aus Ländern mit immensen Korruptionsproblemen hierher.

Laut Daniel Thelesklaf melden Banken «einfach alles, aber es passiert kaum etwas». Die MROS sei «überfordert» und deren rund 60 hochqualifizierte Mitarbeitende müssten sich mehr mit Informatik-Fragen beschäftigen statt sich der Analyse von Meldungen widmen zu können. Und den Staatsanwaltschaften fehlen laut dem ehemaligen MROS-Leiter häufig die Instrumente um gegen Geldwäscherei-Verdachtsfälle aktiv zu werden.

Insgesamt handelt es sich nach Angaben der an der Recherche beteiligten Medien bei den «FinCEN-Files» um mehr als 2100 Geldwäsche-Verdachtsmeldungen aus den Jahren 2000 bis 2017. Die Gesamtsumme der Transaktionen liege bei etwa zwei Billionen US-Dollar. Laut eigenen Angaben waren an der Recherche 400 Journalisten von 110 Medien aus 88 Ländern beteiligt. Das US-Onlinemedium Buzzfeed hatte die Unterlagen erhalten und für die Recherche mit dem Journalisten-Netzwerk ICIJ (International Consortium of Investigative Journalists) geteilt.

(sat/dpa)

veröffentlicht: 21. September 2020 07:24
aktualisiert: 21. September 2020 08:08
Quelle: CH Media

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