Armee

Finanzkontrolle kritisiert Verfahren zur Beschaffung neuer Mörser

25.06.2020, 06:03 Uhr
· Online seit 24.06.2020, 23:05 Uhr
Die Beschaffung des neuen 12-Zentimeter-Mörsers ist inzwischen fast drei Jahre im Rückstand. Das hat vor allem damit zu tun, dass das VBS ein noch nicht existierendes Waffensystem bestellt hat. Die Eidgenössische Finanzkontrolle stellt dem Projekt kein gutes Zeugnis aus.
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Es geht um 32 Mörser des Typs «Cobra» des bundeseigenen Rüstungskonzerns Ruag, die auf einem Mowag-Radpanzer montiert sind. 2016 hatte das Parlament dafür insgesamt 424,5 Millionen Franken bewilligt. Die Mittel waren frei geworden, nachdem der Gripen-Kampfjet an der Urne abgelehnt worden war.

Obwohl das Verteidigungsdepartement VBS das Beschaffungsverfahren wegen angeblicher Dringlichkeit abgekürzt hatte, ist der «Cobra»-Mörser vier Jahre später immer noch nicht einsatzbereit. Laut VBS soll die sogenannte Truppentauglichkeitserklärung Ende Juli 2020 vorliegen. Die Beschaffung des Waffensystems dürfte 2026 statt wie geplant 2022 abgeschlossen sein. Der Bericht der Finanzkontrolle (EFK) beleuchtet, wie es zu der Beschaffungspanne kommen konnte.

Politischer Entscheid

Brisant ist der Vorwurf der politischen Einflussnahme. Die EFK stellte fest, dass nur zwei Waffensysteme in die engere Auswahl kamen - neben dem Ruag-Minenwerfer der Mörser des finnischen Herstellers Patria. Wie diese Shortlist entstand, sei nicht ausreichend dokumentiert, schreibt die EFK. Diverse Gesprächspartner hätten auf eine politische Beeinflussung verwiesen. Der Kauf des 12-cm-Mörsers war unter SVP-Bundesrat Ueli Maurer aufgegleist worden. Beim Fahrzeug gab es gar keine Auswahl.

Unklar blieb für die EFK auch, warum das Rüstungsgeschäft freihändig vergeben wurde. Die freihändige Vergabe an inländische, für die Landesverteidigung unerlässliche Unternehmen sei möglich, sofern sie begründet werde, heisst es im Bericht. Im Dokument zum Verfahrensentscheid fehlten allerdings solche Begründungen.

Hinzu kommt, dass die Evaluationsgrundlagen unvollständig sind. Im Antrag fehlten die technische und kommerzielle Risikoeinschätzung wie auch die Lebenszykluskosten. Dies berge das Risiko, dass nicht das wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag erhalten habe, schreibt die EFK.

Abgekürztes Verfahren

Sie stellte auch fest, dass die militärischen Anforderungen an das Waffensystem mehrmals umgeschrieben worden sind. Da die Anforderungen in gewissen Bereichen nicht erfüllt werden konnten, seien sie an die technischen Möglichkeiten und den damaligen Stand angepasst worden.

Schliesslich kritisiert die EFK, dass ein noch nicht fertig entwickeltes Waffensystem im abgekürztes Verfahren beschafft wurde. Dieses sei für einfaches und marktgängiges Material geeignet, nicht aber für Neu- und Weiterentwicklungen. Die Finanzkontrolle empfiehlt daher, «komplexe Beschaffungen beim Parlament erst zu beantragen, wenn diese beschaffungsreif sind».

veröffentlicht: 24. Juni 2020 23:05
aktualisiert: 25. Juni 2020 06:03
Quelle: sda

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