Gewalt

Gewalt unter älteren Menschen: deutlich mehr Opfer

· Online seit 08.04.2022, 15:30 Uhr
Immer mehr ältere Menschen werden Opfer von Gewalt. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der bei der Unabhängigen Beschwerdestelle für das Alter (Uba) gemeldeten Misshandlungs- und Missbrauchsfälle um 23 Prozent. Mehr als 300'000 Ältere sind jährlich betroffen.
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Weniger als fünf Prozent von Misshandlungen und Missbrauch werden an Fachstellen gemeldet, wie die Uba in einer Mitteilung vom Freitag schreibt. Im vergangenen Jahr sei die Beschwerdestelle 604 Mal kontaktiert worden. Sie übernahm 382 Konfliktfälle und 99 Fälle mit Gewaltthematik zur Bearbeitung.

Was im Privaten geschehe, bleibe in Krisen- oder Pandemie-Zeiten noch öfter verborgen, warnt die Uba. Die Lockerung der Coronavirus-bedingten Bewegungseinschränkungen im vergangenen Jahr habe die Meldungen über Gewaltfälle durch Betroffene, Angehörige oder beobachtende Drittpersonen aber wieder öfter möglich gemacht.

Die Aufklärungsarbeit bleibe wichtig, betont die Beschwerdestelle. Je mehr über das Thema berichtet werde, desto mehr Fälle würden gemeldet und umso eher könne betroffenen älteren Menschen geholfen werden.

Demütigung, Drohung, Liebesentzug

In 53 von insgesamt 99 Fällen waren die älteren Menschen laut Uba von Misshandlung und Missbrauch betroffen. In der Mehrzahl waren es Frauen über 80 Jahre. Mehrheitlich erfuhren die Betroffenen psychische Misshandlung wie Demütigung, Drohung, Liebesentzug, zermürbende Kritik, tagelanges Schweigen oder massive Vorwürfe.

Nicht immer geschehe die Misshandlung absichtlich, sie könne sogar mit guten Absichten geschehen, so zum Beispiel durch Überfürsorge, wie die Beschwerdestelle schreibt.

Aufhorchen lasse die Zahl von 46 Vernachlässigungen. Misshandlungen oder Vernachlässigungen von Betagten würden oft wegen Überforderung bei der Betreuung und Pflege durch Angehörige vorkommen. Denn die häusliche Betagtenbetreuung sei nicht immer eine freiwillig gewählte Tätigkeit. Sie werde zudem im Verlaufe der Zeit anspruchsvoller und oft ohne ausreichende Vorbereitung und Schulung ausgeführt.

Schleichende Entwicklung von psychischer Misshandlung

Und auch nicht immer handelt es sich gemäss Uba um eine akute Gewaltsituation, bei der ein Eingreifen der Polizei notwendig ist oder ein Straftatbestand vorliegt. Bei zunehmender Abhängigkeit, veränderten Machtverhältnissen sowie Überforderung in Paarverhältnissen und Eltern-Kind-Beziehungen könne sich psychische Misshandlung schleichend entwickeln.

In solchen Situationen sei die Möglichkeit, sich an eine niederschwellige Anlaufstelle zu wenden, wo vertrauliche Hilfe angefragt werden kann, von grosser Wichtigkeit, betont die Beschwerdestelle. Je früher dies geschehe, umso besser.

veröffentlicht: 8. April 2022 15:30
aktualisiert: 8. April 2022 15:30
Quelle: sda

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