Glarner wollen kein Burka-Verbot

07.05.2017, 13:24 Uhr
· Online seit 07.05.2017, 06:14 Uhr
Der Kanton Tessin bleibt vorläufig der einzige Kanton mit einem Burka-Verbot. Im Glarnerland verwarf die Landsgemeinde am Sonntag ein Verhüllungsverbot.
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Nach gut einer halben Stunde war die Sache am Sonntag im Ring im Hauptort Glarus ausdiskutiert. Landammann Rolf Widmer (CVP) musste seine Regierungskollegen nicht um Hilfe bitten, um das Resultat der Abstimmung festzustellen. Der vom Biltener SVP-Politiker Roland Hämmerli eingebrachte Antrag für ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum wurde im Stimmverhältnis von zwei zu eins abgelehnt.

Anti-Burka-Verfechter Hämmerli hatte in der Begründung seines Antrages ausschliesslich mit der Sicherheit argumentiert. «Stimmen sie dem Antrag für ein sicheres Leben und Wohnen in unserem Kanton zu», rief er in den Ring. Er sprach von Vermummten, Chaoten, Saubannerzügen oder Hooligans, gegen die sein Antrag gerichtet sei.

Für Symbolpolitik missbraucht

Auf der Gegenseite wurde ins Feld geführt, Kleidervorschriften gehörten nicht in die Verfassung. Gesagt wurde weiter, rechtsnationale Kreise missbrauchten die Landsgemeinde für ihre Anliegen. Die Landsgemeinde werde instrumentalisiert für Symbolpolitik. Fünf Rednerinnen und Redner hatten sich gegen das Verbot ausgesprochen, vier dafür.

Die Regierung und das Kantonsparlament, der Landrat, hatten das Verbot den Stimmberechtigen im Ring zur Ablehnung empfohlen. Der Handlungsbedarf im Kanton sei gering, sagte Justizdirektor Andrea Bettiga. Zudem wollten die Regierung und die Mehrheit des Landrates die Entwicklung auf nationaler Ebene abwarten. Dort läuft eine Unterschriftensammlung für ein schweizweites Burka-Verbot.

Nach wie vor nur im Tessin verboten

Ein Burka-Verbot kennt seit Mitte letzten Jahres einzig der Kanton Tessin. Verstösse dagegen werden mit einer Busse von mindestens 100 Franken geahndet. Das im Glarnerland an der Landsgemeinde gescheiterte Verhüllungsverbot orientierte sich im Wesentlichen am Text der Tessiner Volksinitiative, welche die Stimmberechtigten im Jahre 2013 angenommen hatten.

Zugestimmt hat die Landsgemeinde einem Beitrag von 2,2 Millionen Franken für das Eidgenössische Schwing- und Älplerfests 2025 in Mollis. 200'000 Franken sind an die Kandidatur vorgesehen. 1,3 Millionen Franken sind budgetiert für Organisation und Durchführung. 700'000 Franken sollen als Defizitgarantie eingesetzt werden.

Am meisten zu reden gab das letzte Traktandum, die Änderung des kantonalen Raumentwicklungs- und Baugesetzes. Beschlossen wurde anderem eine Mehrwertabgabe von mindestens 20 Prozent der Wertsteigerung, wenn ein Grundstück umgezont worden ist.

Kredit für Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest bewilligt

Dem Kredit von 2,2 Millionen Franken für die Bewerbung um das Eidgenössische Schwingfest 2025 in Mollis hat die Landsgemeinde hingegen zugestimmt. Damit könnte zum ersten Mal überhaupt ein Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest im Kanton Glarus stattfinden. Nach dem Ja der Glarner wächst nun der Konkurrenzkampf in der Region, zumal sich St.Gallen ebenfalls um den Grossanlass bewirbt.

«Wider den Zeitgeist des vorlauten Individualismus»

Die diesjährige Landsgemeinde war mit rund 6000 Stimmberechtigten durchschnittlich besucht, dauerte über drei Stunden und fand bei regnerischem Wetter statt. Landammann Rolf Widmer hatte die wichtigste politische Versammlung der Glarnerinnen und Glarner mit einem Appell wider den «Zeitgeist des vorlauten Individualismus» eröffnet.

Die Landsgemeinde zeichne sich dadurch aus, dass man Verantwortung als Kollektiv wahrnehme, sagte Widmer. Die Einzelinteressen hätten gegenüber dem Gesamtinteresse erfahrungsgemäss einen schweren Stand.

«Pflegen wir diese Errungenschaft auch an der diesjährigen Landsgemeinde», sagte Widmer und fuhr fort: «Lassen wir uns nicht vom Zeitgeist des vorlauten Individualismus, nicht vom Fokus auf das eigene Bedürfnis vereinnahmen.»

veröffentlicht: 7. Mai 2017 06:14
aktualisiert: 7. Mai 2017 13:24
Quelle: SDA

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