Coronavirus

Harsche Kritik an Glarner Pandemie-Management

08.02.2022, 18:45 Uhr
· Online seit 08.02.2022, 18:27 Uhr
Eine externe Evaluation stellt dem Kanton Glarus bei der Bewältigung der Corona-Pandemie ein durchzogenes Zeugnis aus. Stark kritisiert wird die Kantonale Führungsorganisation, die in den ersten Monaten die Federführung beim Krisenmanagement hatte. Ihr wird praktisch ein Totalversagen attestiert.
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Die am Dienstag publizierte Bewertung wurde von der Kantonsregierung in Auftrag gegeben, wie diese mitteilte. Beauftragt wurde ein auf Evaluationen spezialisiertes Beratungsunternehmen aus Luzern. Untersucht wurde der Zeitraum von Februar 2020, also kurz vor Beginn der Pandemie, bis August 2021.

Die Kantonale Führungsorganisation (KFO) wurde im März 2020 vom Regierungsrat für die Bewältigung der Corona-Krise eingesetzt. Die KFO konnte laut der Evaluation zwar Führungsunterstützung leisten und hat zur Koordination zwischen den Departementen beigetragen. Der Zusammenarbeit in der KFO sei jedoch insgesamt «kein gutes Zeugnis auszustellen».

Politische Führung zu wenig stark

Ein interner Konflikt erschwerte schon ab April laut den externen Experten den Informationsaustausch zwischen dem Departement Finanzen und Gesundheit (DFG) und der KFO. «Die Organisation war nicht mehr imstande, eine gesundheitliche Krise in angemessener Form zu bewältigen», heisst es im Bericht vernichtend.

Auch die Zusammenarbeit zwischen der Leitung der KFO, bestehend aus zwei Regierungsräten, dem Ratsschreiber und dem ihnen unterstellten Stabschef, sei problematisch gewesen. Die politische Führung sei zu wenig stark gewesen, Kompetenzen seien überschritten worden und der militärische Führungsstil sei von einzelnen KFO-Mitgliedern abgelehnt worden.

Umgekehrt habe die Hauptabteilung Militär und Zivilschutz wenig Sensibilität für eine nicht militärische Führungsstruktur gezeigt. Schliesslich wurde die KFO schon im Mai 2020 faktisch aufgelöst. Sie durch eine beim Departement Finanzen und Gesundheit angesiedelte Taskforce Corona zu ersetzten, sei sinnvoll gewesen, schreiben die Experten. Ab dann lief das Krisenmanagement im Alpenkanton besser.

Krisenkonzepte standen bereit

Weitgehend gelobt wird von den Experten die Vorbereitung des Kantons auf Krisen. Bereits vor der Pandemie seien rechtliche Grundlagen für das Krisenmanagement vorhanden gewesen und auch Gefährdungsanalysen, ein Pandemieplan und ein Kommukationskonzept.

Bemängelt wird, dass die rechtlichen Grundlagen eher auf Naturkatastrophen ausgerichtet sind als auf eine Pandemie. Und das, obwohl eine Pandemie als grösstes Risiko für die Bevölkerung antizipiert worden sei. Weiter sei der kantonsärztliche Dienst zu gering dotiert gewesen, um die im Ernstfall vorgesehen Aufgaben bewältigen zu können.

Gute Noten für Weisungen des Kantons

Lob gibt es für die kantonale Verwaltung. Diese habe in der Krise viel geleistet. Die kurzen Wege und die Bekanntheit der Ansprechpersonen in einer kleinen Verwaltung seien nützlich gewesen. Departemente hätten sich auch kurzfristig mit Personal und mit Kompensationen ausgeholfen.

Gute Noten bekommt auch der Output: An der Qualität der kantonalen Verordnungen und Weisungen fanden die Experten keine Kritikpunkte.

Unter den vom Kanton beschlossenen Massnahmen wird insbesondere die finanzielle Unterstützung von Härtefällen positiv bewertet. Es seien schnell zielführende Entscheide getroffen worden.

Massnahmen, die infolge der Absage der Landsgemeinde 2020 getroffen wurden, werden als angemessen beurteilt. Zwar hätten sich einige Geschäfte und Projekte verzögert, die politische Handlungsfähigkeit des Kantons habe aber aufrecht erhalten werden können.

veröffentlicht: 8. Februar 2022 18:27
aktualisiert: 8. Februar 2022 18:45
Quelle: sda

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