«Maximal 90 PS»

Hitzige Diskussion: Soll es eine PS-Beschränkung für Junglenker geben?

02.06.2022, 13:51 Uhr
· Online seit 02.06.2022, 05:34 Uhr
Junglenker im Alter von bis zu 25 Jahren sollen keine Autos mehr fahren dürfen, die viel PS haben. Eine entsprechende Motion dazu ist im Nationalrat hängig. Bei den Ostschweizer Fahrschulen ist man sich uneinig über die Sinnhaftigkeit einer solchen Regel.
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Der Nationalrat muss eine Motion behandeln, in der gefordert wird, eine PS-Beschränkung für Junglenker einzuführen. Dabei sollen unter 25-Jährige keine Autos mit viel PS fahren dürfen, um Unfälle zu vermeiden. Doch wie sinnvoll wäre so eine Regelung wirklich in der Realität? Wir haben bei den Ostschweizer Fahrschulen «Bestdrive» und «Stardrive» nachgefragt.

Grosse Uneinigkeit und hitzige Diskussion

«Es kann nicht sein, dass man den jungen Erwachsenen noch mehr Einschränkungen auferlegt», sagt Jolanda Brülisauer, Mitinhaberin und Fahrlehrerin bei «Bestdrive». Sie hält nichts von einer PS-Beschränkung, wie sie zum Beispiel Italien schon kennt. In unserem Nachbarland dürfen Junglenker in ihrem ersten Jahr nach der Prüfung nur Autos fahren, die unter 75 PS haben. «Für die Schweiz wären das einfach nicht realistisch», so Brülisauer. «Mehr als die Hälfte der Autos auf den Schweizer Strassen haben über 136 PS.»

Ein deutlicher Befürworter der PS-Beschränkung ist hingegen Roger Etter, Inhaber von «Stardrive». «Wer einen Blick auf die aktuelle Unfallstatistik wirft, der sieht schnell, dass die meisten Unfälle mit Autos verursacht werden, die weit über 100 PS haben.» Er fordert deshalb ein Maximallimit von 80 bis 90 PS. «Alles andere ist deutlich zu viel Kraft», so Etter.

Sollen Kinder die Autos ihrer Eltern fahren dürfen?

Die Unfallstatistik beschäftigt auch Jolanda Brülisauer von «Bestdrive»: «Obwohl die Unfallgefahr bei Junglenkern bis zu dreimal so hoch ist wie sonst, haben die Unfälle kaum mit zu vielen PS zu tun.» Viel mehr fehle den Jungen die Erfahrung und Routine. «Der Hebel muss an der Ausbildung angesetzt werden, das ist die einzig gute Lösung», so die Fahrlehrerin.

Dass die Ausbildung aktuell nicht optimal laufe, weiss auch Roger Etter. «Viele Junglenker wollen bei der Ausbildung jeden Rappen sparen und kaufen sich danach irgendwelche teuren Autos, die sie nicht im Griff haben.» Das gelte es zu verbieten und in den Griff zu bekommen.

Dem entgegnet Brülisauer: «Die meisten Jugendlichen haben keine eigenen Autos und sind deshalb auf das Fahrzeug der Eltern angewiesen, die meistens deutlich über 100 PS besitzen.» Die Gefahr, dass Junglenker mit einer PS-Beschränkung an Routine verlieren, sei gross.

«Schlicht falsch», sagt Roger Etter, denn genau das Gegenteil sei der Fall: «Die meisten Kinder haben sowieso einen eigenen ‹Chlapf›, das ist leider so.» Deshalb sei es sehr sinnvoll, denn Jungen nur Autos zu erlauben, die weniger gefährlich sind.

Verlängerte Ausbildungszeit für junge Menschen

Laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung tendieren junge Menschen eher zu Unfällen, weil es ihnen einerseits an Routine fehlt, andererseits weil sie sich selbst überschätzen. Sind zusätzlich PS-starke Autos mit mehr Kraft und Geschwindigkeit im Spiel, würde die Gefahr zusätzlich ansteigen.

Der Bundesrat schreibt in einer Stellungnahme, dass eine PS-Beschränkung nicht hilfreich sei, um Unfälle zu reduzieren. Vielmehr setze der Bundesrat auf eine verlängerte Ausbildungszeit von Fahranfängerinnen und Fahranfänger, die 2021 in Kraft trat.

Entscheid in der Sommersession?

Der Nationalrat soll die Motion der SP-Nationalrätin Gabriela Suter in der Sommersession behandeln. Wann es soweit ist, ist noch unklar.

Update: Am Donnerstag hat der Nationalrat die Motion klar abgelehnt, für Junglenker gibt es weiterhin keine PS-Einschränkung.

(noh)

veröffentlicht: 2. Juni 2022 05:34
aktualisiert: 2. Juni 2022 13:51
Quelle: FM1Today

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