Huldigung an Fasnachtskönig «Rabadan»

11.02.2018, 20:28 Uhr
· Online seit 11.02.2018, 15:28 Uhr
Das Tessin steht momentan ganz im Zeichen der Fasnacht. Einer der Höhepunkte fand am Sonntagnachmittag statt: Der närrische Umzug zum 155. Jubiläum der «Rabadan» genannten Fasnacht in Bellinzona.
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Über 50 verschiedene Festwagen, Gruppen und Guggenmusiken zogen bei strahlend sonnigem Wetter durch die historische Altstadt von Bellinzona. Dabei wurden in den Szenen auf den Umzugswagen wie immer Politik und Gesellschaft, Wirtschaft und Sport aufs Korn genommen.

Heuer waren Themen etwa die Missstände am Tessiner Sozialdepartment, der selbstverschuldete Niedergang eines grossen Tessiner Gemüsebauern oder Spannungen zwischen den beiden Eishockeyclubs HC Ambri Piotta und Lugano.

Neben vielen Besuchern aus der Deutschschweiz nahmen auch Guggenmusiken aus anderen Kantonen teil, wie die Blächchutzeler aus Küsnacht SZ oder die Tambouren aus Ennetbürgen NW.

Das Wort «Rabadan» ist dem deutschen «Rabatz» verwandt, es stammt aus dem lombardischen Dialekt und bedeutet etwa soviel wie Krach, Lärm oder Durcheinander.

«Rabadan» ist die grösste Tessiner Fasnachtsveranstaltung: Jedes Jahr ziehen zahlreiche Attraktionen bis zu 150'000 Besucherinnen und Besucher an. Offiziell beginnt das närrische Treiben am Donnerstagabend, wenn der Stadtpräsident die Schlüssel der Stadt an Seine Majestät König Rabadan übergibt.

Die Veranstaltung setzt sich am Samstagabend mit dem Guggenmusikkonzert fort. Am Sonntagnachmittag folgt dann der grosse Fasnachtsumzug, der jeweils 20'000 bis 30'000 Zuschauerinnen und Zuschauer in die Kantonshauptstadt lockt.

Doch die Tessiner Fasnacht beschränkt sich keineswegs nur auf Bellinzona: Neben grösser angelegten Anlässen, die in den Zentren organisiert werden, zählt der Kanton insgesamt auch über 130 lokale Fasnachtsveranstaltungen, in denen die gängigen gesellschaftlichen Verhältnisse für sechs Tage ausser Kraft gesetzt werden.

In Bellinzona regiert dann Re Rabadan, Biasca steht unter dem Zepter von Re Naregna (König Lachanfall), und das ehemalige Fischerdorf Muralto unter Re Sbotapiss (König Fischschlitzer). Auch manche Orte wechseln den Namen, indem sie zu einer typischen Eigenschaft das Anhängsel «-poli» fügen.

Chiasso, dessen fasnächtliche Staatsform nicht monarchisch, sondern republikanisch ist und von einem Premierminister regiert wird, heisst Repubblica di Nebiópoli, da sie oft dem Nebel aus der Po-Ebene ausgesetzt ist.

Ausserdem durchzieht in der Fasnachtszeit wieder eine alte, seit 1888 abgeschaffte, Grenze den Kanton, jene zwischen den Bistümern Como und Mailand. In Orten wie Lugano oder Regionen wie dem Mendrisiotto, die einst zu Como gehörten, endet der Karneval nach dem römischen Kirchenkalender mit dem Aschermittwoch.

Doch nach dem ambrosianischen Kalender, den die früher zu Mailand gehörenden Gemeinden wie Tesserete, Biasca oder Brissago befolgen, geht er weiter und dauert bis zum folgenden Wochenende.

Der Legende nach ist im 4. Jahrhundert der aufmüpfige Bischof von Mailand, der heiliggesprochene Jurist und Politiker Ambrosius, verspätet von einer Pilgerreise zurückgekehrt und hat deshalb die Fastenzeit um vier Tage verschoben. Der Karneval verschiebt sich damit ebenfalls auf den Samstag nach Aschermittwoch, den «sabato grasso» - «Fetter Samstag».

Daraus ergibt sich eine rege fastnächtliche Migrationsbewegung. Zuerst ziehen die Narren aus den ambrosianischen Dörfern zu ihren Nachbarn, die den römischen Kalender befolgen, dann kehrt sich der Strom um, und aus den Gemeinden, in denen die Fastenzeit schon begonnen hat, ergiessen sich die Fasnächtler in die ambrosianischen Dörfer, um beim zweiten Karneval ein paar Tage weiterzufeiern.

veröffentlicht: 11. Februar 2018 15:28
aktualisiert: 11. Februar 2018 20:28
Quelle: SDA

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