Kanton Genf stärkt politische Mitsprache von Behinderten
Bund und Kantone verweigern heute einem Teil der Bevölkerung das Stimm- und Wahlrecht. Betroffen sind schätzungsweise 15'000 Menschen. Der Grund: Gemäss Bundesverfassung stehen die politischen Rechte allen erwachsenen Schweizerinnen und Schweizern zu, die nicht «wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche entmündigt» wurden. Im Klartext: Wer nicht urteilsfähig ist und durch einen Beistand vertreten wird, soll auch nicht abstimmen oder wählen dürfen. Er muss die politischen Rechte auf dem Rechtsweg einfordern.
Im Kanton Genf ist damit nun Schluss. Die Stimmbevölkerung sprach sich am Sonntag mit 75 Prozent für eine Änderung der Kantonsverfassung aus. Angestossen hatten diese das Genfer Parlament. In Zukunft erlangen alle Genferinnen und Genfer, die unter Beistandschaft stehen, automatisch ihre politischen Rechte, zumindest auf kantonaler und lokaler Ebene.
Die heutige Regelung aller Kantone und des Bundes ist seit Jahren umstritten und verletzt die Behindertenrechtskonvention der Uno. Diese verpflichtet die Schweiz, allen Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die politischen Rechte zu gewährleisten. Der Dachverband der Behindertenorganisationen Inclusion Handicap kritisiert schon seit Jahren, dass die aktuellen Gesetze diskriminierend seien.
(rwa)