Medienkonferenz des Bundesrats

Keine Lockerung der Zertifikatspflicht, aber mehr Freiheiten für Genesene

20.10.2021, 17:51 Uhr
· Online seit 20.10.2021, 16:20 Uhr
Das Genesenen ausgestellte Covid-Zertifikat soll in der Schweiz nicht mehr ein halbes Jahr, sondern neu ein ganzes Jahr gelten. Ausserdem soll es Zugang zum Zertifikat neu auch mit einem Antikörpertest geben. Das plant der Bundesrat. Allerdings sollen die Neuerungen nur im Inland gelten.

Quelle: CH Media Video Unit / Silja Hänggi

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Konkret plant der Bundesrat, dass die bisher für Genesene ausgestellten Covid-Zertifikate statt 180 Tage neu 365 Tage gelten. Die verfügbaren Daten belegten eine ausreichende Schutzwirkung vor schweren Erkrankungen und Spitaleinweisungen, schrieb die Regierung in der Medienmitteilung, welche mit der Medienkonferenz von Mittwochnachmittag verschickt wurde.

Mit der neuen Regelung geht die Schweiz einen anderen Weg als die EU, wo Zertifikate für Genesene mit wenigen Ausnahmen nur 180 Tage lang gültig sind. Deshalb soll das verlängerte Zertifikat nur innerhalb der Landsgrenzen gelten. Nebst dem «Schweizer Covid-Zertifikat» schlug der Bundesrat auch noch weitere Neuerungen vor.

Zertifikat auch mit Antikörpertest

Wer von Covid-19 genesen ist, muss das heute mit einem PCR-Test belegen, um ein Zertifikat zu bekommen. Neu soll auch ein aktueller und positiver Blut-Antikörpertest für das Zertifikat reichen. Die Kosten müssen die Genesenen selbst tragen, das Zertifikat soll neunzig Tage lang gültig sein.

Zertifikat für Touristen ausserhalb der EU

Auch für Touristen plant der Bundesrat Erleichterungen. Ein nur in der Schweiz gültiges Zertifikat schlägt der Bundesrat auch für Personen vor, die mit einem nur von der WHO zugelassenen Impfstoff immunisiert sind. Zurzeit sind dies die chinesischen Impfstoffe Sinovac und Sinopharm. Dieses Zertifikat wäre nur dreissig Tage gültig. Der Bundesrat will so Wirtschaft und Tourismus unterstützen.

Heute erhalten Touristen das in der Schweiz und in der EU gültige Zertifikat, wenn sie mit einem in der EU zugelassenen Impfstoff geimpft sind. Das sind die in der Schweiz verwendeten Impfstoffe von Pfizer/Biontech, Moderna und Johnson&Johnson sowie Astrazeneca. Der russische Impfstoff Sputnik V ist in der EU noch in Prüfung.

Zertifikat für aus medizinischen Gründen Ungeimpfte

Zugang zum maschinenlesbaren Schweizer Zertifikat sollen schliesslich auch Menschen haben, die sich aus medizinischen Gründen nicht gegen Covid-19 impfen lassen können. Für sie soll das Zertifikat ein Jahr lang gültig sein. Zugang zu Betrieben, Einrichtungen und Veranstaltungen haben diese Personen derzeit schon.

Mit den vorgeschlagenen Erleichterungen will der Bundesrat Anliegen des Parlaments aus der Herbstsession aufnehmen. Die Konsultation dazu läuft bis am 26. Oktober. Am 3. November will die Regierung definitiv entscheiden.

Noch keine Lockerung der Zertifikatspflicht

Eine Lockerung der Zertifikatspflicht, die von Parteivertreterinnen und -vertretern verschiedener Couleur gefordert wurde, ist für den Bundesrat noch kein Thema. Er diskutierte darüber, kam aber zum Schluss, dass die Risiken für das Gesundheitswesen noch zu hoch seien. Das erklärte Alain Berset an der Medienkonferenz am Mittwochnachmittag.

Der Bundesrat begründet dies mit den kühleren Temperaturen, dem Ende der Herbstferien, den stagnierenden Fallzahlen, der hoch ansteckenden Delta-Variante, die zu mehr schweren Erkrankungen führt, und der noch «relativ tiefen Immunisierung».

Allerdings bleibt der Bundesrat dabei, die Zertifikatspflicht unabhängig von der Durchimpfungsrate lockern zu wollen, sobald keine Überlastung der Spitäler mehr droht. In den nächsten Wochen dürften die Fallzahlen nach dem Ferienende und vermehrten Zusammenkünften in Innenräumen wieder steigen.

Kein Vergleich mit Dänemark, sondern mit Israel

In den Niederlanden oder in Israel seien die Fallzahlen nach der Öffnung rasch angestiegen, die Spitäler erneut stark belastet, schreibt der Bundesrat. In beiden Ländern sei die Durchimpfungsrate bei der Öffnung ähnlich hoch gewesen wie derzeit in der Schweiz – deshalb orientiert sich die Regierung an diesen Beispielen und nicht an Dänemark oder Portugal. Diese Länder hatten die Massnahmen aufgehoben und haben derzeit keine Probleme. Dort sei die Impfquote aber um 15 bis 20 Prozent höher als aktuell in der Schweiz.

Mitte November will der Bundesrat die Lage erneut beurteilen – insbesondere auch bezüglich einer Aufhebung oder Lockerung der Zertifikatspflicht.

(sda/red.)

veröffentlicht: 20. Oktober 2021 16:20
aktualisiert: 20. Oktober 2021 17:51
Quelle: sda

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