Leuthard wird vor allem für ihre Rolle in der Energiewende gewürdigt

27.09.2018, 13:20 Uhr
· Online seit 27.09.2018, 11:13 Uhr
Bundesrätin Doris Leuthard wird vor allem für ihren Einsatz für die Energiewende gewürdigt. Von den Umweltverbänden erntet sie aber auch Kritik. Der Sitz der CVP ist unbestritten. Erneut wird die Frauenfrage aufgeworfen.
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Für ihn persönlich sei das nicht gerade ein Freudentag, sagte CVP-Präsident Gerhard Pfister in einem Interview mit der Agentur Keystone-SDA. Er würdigte die gute Zusammenarbeit mit der scheidenden Bundesrätin. Über das weitere Vorgehen will die CVP am Freitag informieren.

Für die CVP hat Leuthard die schweizerische Politik in den vergangenen 20 Jahren mit ihrer unvergleichlichen Präsenz geprägt. Sie sei «eine einzigartige Leitfigur» gewesen. Sie sei im Bundesrat eine der stärksten Persönlichkeiten der letzten Jahre. Es sei ihr stets gelungen, Bundesrat, Parlament und Volk auch von schwierigen Themen zu überzeugen.

Die FDP hat Leuthard ihren Dank für den langjährigen Einsatz im Dienst der Schweiz ausgesprochen. Leuthards grösstes Verdienst als Vorsteherin des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation sei die langfristige Sicherstellung der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur gewesen. In ihrer langjährigen Karriere im Bundesrat habe sie sich zudem erfolgreich für die Zukunft der Schweizer Energie- und Klimapolitik eingesetzt.

Für Gewerbeverbands-Direktor Hans-Ulrich Bigler (FDP) hat Bundesrätin Doris Leuthard als Volkswirtschaftsministerin einen wirtschaftsfreundlichen Kurs gefahren. Ihre Leistungsbilanz im Uvek hingegen ist aus Sicht der Wirtschaft durchzogen. Ihrer Nachfolge hinterlasse sie Baustellen wie das Mediengesetz und die Umsetzung der Energiestrategie.

Für die FDP steht der Bundesratssitz der CVP nicht zur Debatte. Die Partei will sich auch an das offiziell nominierte Kandidatenfeld halten. Sie erwartet von der CVP eine Auswahl von geeigneten Profilen und will diese an ihrem Leistungsausweis und an der Fähigkeit zur konsensorientierten Politik messen.

Rücktritt einer «Staatsfrau»

SP-Fraktionschef Roger Nordmann würdige Leuthard auf Twitter: «Heute demissioniert eine Staatsfrau», schrieb er. Durch ihren Beitrag zur Energiewende, den Ausstieg aus der Atomenergie und der Stärkung der Infrastrukturen habe die jüngere Geschichte der Schweiz geprägt.

SP-Vizepräsident Beat Jans sagte im «Mittagsjournal» von Radio SRF: Sie sei dossierfest, klar, aber auch volksnah gewesen. Als wirkliche Revolution bezeichnete die Waadtländer SP-Nationalrätin Ada Marra die Rolle Leuthards beim Atomausstieg und zwar zu einem Zeitpunkt, als mehrheitlich Frauen in der Landesregierung vertreten gewesen seien.

SVP-Präsident Albert Rösti verwies im Radio SRF auf die grossen Kämpfe, die er mit Leuthard ausgetragen habe, sei es in der Landwirtschaft und später in der Energiepolitik. Sie seien aber immer geprägt gewesen von einem gegenseitigen Verständnis, sagte er.

Grüne fordern Frauentickets

Wie bereits am vergangenen Dienstag bei der Rücktrittsankündigung von Johann Schneider-Ammann wurde am Donnerstag die Frauenfrage aufgeworfen. Klartext sprachen die Grünen: Sie erwarten von beiden Parteien ein reines Frauenticket.

Es sei eine einmalige Chance für FDP und CVP, mit mindestens vier guten Kandidatinnen und Kandidaten dafür zu sorgen, dass wieder drei Frauen im Bundesrat sind, liess sich der Fraktionschef der Grünen, Balthasar Glättli, zitieren. Co-Präsidentin Regula Rytz ergänzte auf Twitter: Die Doppelvakanz müsse für eine angemessene Vertretung der Frauen im Bundesrat genutzt werden.

Sie sei eine Kandidatin für die Atomausstiegsmedaille, schrieben Greenpeace und die Schweizerische Energie-Stiftung (SES). Ihr sei es zu verdanken, dass die Projekte für den Bau dreier neuer Atomkraftwerke kurz nach dem Fukushima-Unfall von 2011 aufgegeben worden seien und das Verbot für den Neubau von Atomkraftwerken mit der Annahme der Energiestrategie 2050 habe verankert werden können. Wie ernst es ihr mit dem Atomausstieg sei, könne jedoch noch nicht abschliessend beurteilt werden.

Für die Umweltallianz hat Leuthard die Energiewende massgeblich vorangetrieben. In der Klima- wie auch der Biodiversitätspolitik jedoch stehe der künftigen Bundesrätin oder dem künftigen Bundesrat noch viel Arbeit bevor. Für den Verein Alpen-Initiative stand Leuthard bei der Verlagerungspolitik auf der Bremse.

Aus der Sicht von Pro Natura ist die Verabschiedung der Strategie Biodiversität Schweiz 2012 erfreulich, der dazugehörende Aktionsplan hingegen sei verspätet gekommen und zu wenig konkret ausgefallen. Kritisiert wird die schleichende Aufweichung des Schutzes gefährdeter Arten. Tiefpunkt sei die laufende Revision des Jagd- und Schutzgesetzes, das aus einem Kompromiss ein reines Abschussgesetz mache.

veröffentlicht: 27. September 2018 11:13
aktualisiert: 27. September 2018 13:20
Quelle: SDA

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