Schweiz

Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau? Laut dem Arbeitgeberverband gibt es die kaum

Gleichstellung

Lohnunterschiede? Laut dem Arbeitgeberverband gibt es die kaum

13.06.2023, 13:51 Uhr
· Online seit 13.06.2023, 12:35 Uhr
Eine vom Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) in Auftrag gegebene Untersuchung der Universität St.Gallen (HSG) ortet kaum Lohnungleichheiten zwischen Mann und Frau. Die Studie muss jedoch mit Vorsicht genossen werden.

Quelle: Bundeshaus-Redaktion, Beitrag vom 28. September 2022.

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«Frauen bekommen immer noch weniger Lohn» heisst es auf der offiziellen Seite zum Feministischen Streik 2023. Einen Tag vor dem Streik will eine Studie bewiesen haben, dass Frauen gar nicht weniger verdienen als Männer.

Insgesamt zeigten 89 Prozent der untersuchten Firmen keinen Geschlechtereffekt, wie der Arbeitgeberverband am Dienstag mitteilte. Nur 3,3 Prozent der Lohndifferenzen zwischen Mann und Frau blieben unerklärt. «Es gibt kaum Diskriminierung beim Lohn», sagt Daniella Lützelschwab, Ressortleiterin Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht des Verbands, gegenüber dem «Tages-Anzeiger».

463 Unternehmen haben 2020 und 2021 untersucht, ob es bei ihnen Lohndiskriminierung gibt. Dies wäre laut dem 2020 revidierten Gleichstellungsgesetz nicht erlaubt.

Gemäss der Studie des Arbeitsgeberverbands halten sich über 99,3 Prozent der Unternehmen an das Gesetz – nur drei verstossen dagegen.

Die Ergebnisse stehen in einem krassen Gegensatz zu einer Studie des Bundesamtes für Statistik (BFS) von Ende 2022. Darin hiess es, dass Frauen 2020 insgesamt 18 Prozent weniger verdienten als Männer. 47,8 Prozent der Lohnunterschiede blieben unerklärt.

Was stimmt jetzt? Werden Frauen beim Lohn diskriminiert oder nicht? Das sind die Unterschiede der Erhebungen:

1. Unternehmen stammen nur aus der Privatwirtschaft

Die Universität St.Gallen hat nur Löhne in der Privatwirtschaft untersucht. Dafür trug sie für die Arbeitgeber 615 Analysen zusammen. Das entspricht zehn Prozent der analysepflichtigen Unternehmen.

Dies sei nicht repräsentativ, kritisiert Gewerkschaftsökonom Daniel Lampart im «Tages-Anzeiger». Ausserdem hätten möglicherweise nur Unternehmen an der Umfrage teilgenommen, die gute Resultate vorzuweisen hatten.

Die Studie des BFS untersuchte auch Firmen im öffentlichen Sektor; bei Bund, Kantonen und Gemeinden.

2. Es wurden Unternehmen mit 100 Mitarbeitenden und mehr untersucht

Betriebe mit über 100 Angestellten sind dazu verpflichtet, alle vier Jahre eine Lohngleichheitsanalyse durchführen. Das sieht das Gleichstellungsgesetz vor. Spätestens bis Ende Juni müssen sie die Analyse Mitarbeitenden und Aktionären vorlegen.

Deshalb hat die Studie des Arbeitgeberverbands auch nur Firmen mit 100 und mehr Mitarbeitenden untersucht.

Das Bundesamt für Statistik hat auch Unternehmen mit weniger als 100 Angestellten analysiert. Es hebt in seiner Analyse sogar hervor, dass der Lohnunterschied in Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten am grössten sei, wie der «Blick» schreibt.

3. Kritik am Messinstrument

Wegen der Vergleichbarkeit konzentrierte sich die Detailauswertung auf jene 461 Unternehmen, welche das Lohngleichheitsinstrument des Bundes (Logib) benutzen. Dies beruht auf der Selbstdeklaration der Firmen.

Darin gibt es nur eine Lohndiskriminierung, wenn der Unterschied grösser als fünf Prozent ist.

So kommt die Auswertung des SAVs darauf, dass nur drei der 461 Unternehmen ihre Mitarbeitenden beim Lohn diskriminieren. Wenn man die 5-Prozent-Schwelle aufhebt, steigt der nicht erklärbare Lohnunterschied von 3,3, auf 8,3 Prozent, heisst es im «Blick».

Für Daniel Lampart, Chefökonom des Gewerkschaftsbunds, sind die Lohnunterschiede genug gross, auch wenn sie «nur» bei 3,3 Prozent liegen. «Bei einem mittleren Schweizer Lohn sind das mehr als 2500 Franken im Jahr», sagt er dem «Tages-Anzeiger».

Für Lützelschwab vom Arbeitgeberverband stellen die Ergebnisse der HSG-Studie die Wirklichkeit dar: «Diese Zahlen sind enorm wichtig für uns, weil sie endlich die betriebliche Realität abbilden», sagt sie.

Lützelschwab hält jedoch fest, dass es mehr Zahlen mit mehr Unternehmen braucht.

Diese kommen Ende Juni. Bis dann müssen Firmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden ihre Lohnanalysen den Angestellten und Aktionärinnen präsentieren.

(gin, mit Material der sda)

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veröffentlicht: 13. Juni 2023 12:35
aktualisiert: 13. Juni 2023 13:51
Quelle: Today-Zentralredaktion

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