Schweiz

Macht Post Werbung trotz «Stopp»-Kleber?

Macht Post Werbung trotz «Stopp»-Kleber?

· Online seit 23.11.2017, 11:41 Uhr
Viele kennen die Situation: Man will den Briefkasten leeren und hält einen Haufen Werbungen und Flyer in der Hand, obwohl man einen «Bitte keine Werbung»-Aufkleber am Briefkasten aufgeklebt hat. Auch die Post selber ignoriert diese Kleber, sieht jedoch kein Problem darin.
Leila Akbarzada
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Etwa die Hälfte der Schweizer Bevölkerung hat einen Kleber am Briefkasten, der explizit besagt, dass man keine Werbung wünscht. Doch viele Unternehmen ignorieren das, offenbar auch die Post. Zurzeit schreibt sie gezielt jene Kunden an, die einen solchen Kleber am Briefkasten haben. Die Aktion heisst «Angebote auf Wunsch». Der erste Satz lautet: «Sie haben einen Stopp-Kleber an ihrem Briefkasten, damit Sie keine unadressierte Werbung bekommen. Diesen Wunsch respektieren wir gerne. Wie wäre es aber, wenn Sie selbst entscheiden könnten, von welchem Anbieter Sie Werbung erhalten?»:

Weiter unten heisst es, man könne ab sofort online wählen, von welchem Anbieter man Werbung erhalten möchte. Der FM1Today-Leser, der dieses Schreiben erhalten hat, ist etwas perplex. «Ich will keine Werbung. Muss ich das jetzt auch noch online festhalten?», fragt er sich.

«Kunde kann selber bestimmen»

Die Post verteidigt ihr Werbeschreiben. «Es geht hier um ein Angebot, das seit 2016 läuft. Wir wollen dem Kunden anbieten, selber zu entscheiden, welche Werbung er erhalten möchte und welche nicht», sagt Jacqueline Bühlmann, Mediensprecherin bei der Post. Die angeschriebenen Personen seien Leute, die ein Kundenlogin bei der Post hinterlegt hätten. «Mit den AGB haben diese Personen uns erlaubt, solche Schreiben zu verschicken», sagt sie. Konkret kann man unter der angegebenen Website Unternehmen wie beispielsweise Aldi, Ackermann oder Lidl erlauben, doch Werbung zu schicken, auch wenn man den «Stopp»-Kleber hat.

Aber wer keine Werbung will, will keine Werbung. Dass man mit dieser Aktion den Willen derjenigen missbraucht, die explizit keine Werbung wollen, sieht Bühlmann nicht so. «Ich finde es eine gute Sache. Der Kunde kann selber bestimmen, von welchen Anbietern er trotz Kleber Werbung erhalten will. Wenn der Kunde nicht auf das Schreiben reagiert, landet auch keine zusätzliche Werbung im Briefkasten.»

Konsumentenschutz findet Aktion «unschön»

«Grundsätzlich ist das Angebot aus unserer Sicht nicht problematisch. Aber dass genau die Post so eine Werbeaktion macht, ist unschön», sagt Michael Grütter, juristischer Mitarbeiter bei der Stiftung für Konsumentenschutz. «Es ist nicht korrekt, dass die Post diese Briefe in Briefkästen sendet, die explizit keine Werbung wollen», sagt er. Es sei zwar so, dass sich solche Stopp-Werbekleber nur gegen unadressierte Post wie zum Beispiel Flyer richten. «Die Post stellt grundsätzlich adressierte Werbung zu. Da sie es aber selber in der Hand hat, Werbung zuzustellen oder nicht, ist es sehr unschön, dass sie selber solche Briefkästen bewirbt.»

Unerwünschte Werbung zurücksenden

Wer genug hat von etlichen Werbeschreiben, der soll sich laut Grütter bei adressierter Werbepost von Drittunternehmen direkt an diese wenden. «Man kann sie darauf hinweisen, dass ihre Werbung nicht erwünscht ist und sie die Daten löschen sollen», so Grütter. Will man die Post gar nicht erst öffnen, kann man Briefe mit einem «Refusé»-Kleber versehen, diesen unterschreiben, und in den nächsten Briefkasten werfen. Damit werden die Unternehmen explizit darauf hingewiesen, dass sie aus rechtlicher Sicht keine Werbung mehr senden dürfen. Der Kleber kostet jedoch 2.70 Franken.

Flyer: Grosses Ärgernis

Das Problem ist jedoch eher die unadressierte Werbung. Diese nimmt immer mehr zu. «Das ist ein grosses Ärgernis für viele Leute, dass der «Keine Werbung»-Kleber einfach ignoriert wird. Die Post hält die Vorgehensweise in der Regel ein, dass unadressierte Werbung nicht zugestellt wird. Doch es gibt auch viele private Verteilunternehmen, oder auch kleine Unternehmer wie beispielsweise der Pizza-Kurier um die Ecke, die fleissig flyern», sagt Grütter.

Man hat die Möglichkeit, auf die Unternehmen zuzugehen. «Grundsätzlich ist es ein Verstoss gegen das Lauterkeitsgesetz», so Grütter. Man könne darum auch eine Beschwerde bei der schweizerischen Lauterkeitskommission einreichen oder sogar eine Klage in Erwägung ziehen. «Ob sich das lohnt in solchen Fällen, ist dann die andere Frage.»

veröffentlicht: 23. November 2017 11:41
aktualisiert: 23. November 2017 11:41
Quelle: lak

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