Maudet räume der Sitzung des Genfer Staatsrates Priorität gegenüber der Vorladung der FDP Schweiz ein, antwortete sein Departement am Dienstag auf Anfrage der Agentur Keystone-SDA. Der angeschlagene Sicherheitsdirektor nimmt an einer Sitzung der Kantonsregierung teil.
Eigentlich wollte die FDP-Parteispitze am Mittwoch von ihm selbst hören, was er zur Affäre zu sagen habe, hatte FDP-Mediensprecherin Karin Barras am Montag gegenüber der Agentur Keystone-SDA gesagt. Aufgeboten wurde auch der Präsident der FDP Genf, Alexandre de Senarclens.
Die FDP Schweiz habe noch keine offizielle Antwort von Maudet auf die Vorladung erhalten, sagte FDP-Vizepräsident Andrea Caroni am Dienstagabend in der Westschweizer Tagesschau. Die Einladung behalte ihre Gültigkeit. «Er kann nur gewinnen, wenn er kommt», fügte Caroni an.
Das bereits angespannte Verhältnis zwischen dem früheren Hoffnungsträger und seiner Mutterpartei hat sich in der vergangenen Woche noch einmal verschlechtert. «Befände ich mich in einer vergleichbaren Situation, wäre ich bereits zurückgetreten», sagte FDP-Präsidentin Petra Gössi in der «Tagesschau» von Fernsehen SRF am vergangenen Freitag. Sie sehe nicht, wie Maudet seine Glaubwürdigkeit wieder herstellen könne.
Maudet sagte dazu am Dienstagabend in der Westschweizer Tagesschau, er sei erstaunt über diese Aufforderung. Einen Rücktritt lehnte er weiterhin ab: «Das wäre zu einfach.» Er werde weiterhin mit der Genfer Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten. Deshalb könne er im Moment auch nicht frei sprechen.
Die FDP Schweiz verfügt über keine konkreten Sanktionsmittel gegen den Genfer Staatsrat. Sie hat keine Möglichkeit, ein Mitglied einer Kantonalpartei aus der Partei zu werfen.
Eine Möglichkeit wäre es, die gesamte Genfer Kantonssektion aus der Partei auszuschliessen, wenn in einem Jahr Parlamentswahlen anstehen. Auch wäre laut den Statuten möglich, dass die Kantonalpräsidenten die Genfer Sektion auffordern, ein Mitglied auszusperren.
Auch aus der FDP Genf lassen sich zunehmend Stimmen vernehmen, die Maudet zu einem Rücktritt auffordern. Einer, der sehr klare Worte findet, ist Nationalrat Benoît Genecand (FDP/GE).
«Die Situation von Herrn Maudet ist nicht gut für ihn, für die Partei oder für den Kanton. Pierre Maudet muss zurücktreten», sagte Genecand in einem am Montag von den Zeitungen «Tribune de Genève» und «24 heures» veröffentlichten Interview.
Für den Nationalrat sind die von Maudet «als privat deklarierte Reise nach Abu Dhabi, obwohl ein offizielles Einladungsschreiben des Scheichs der Vereinigten Arabischen Emirate vorlag, und dessen über zwei Jahre organisierte Lüge» Gründe genug für einen Rücktritt des Staatsrats.
Die Strategie der Parteileitung in Genf, Maudet Zeit für die Vorbereitung seines Rücktritts zu geben, um die Partei nicht auseinanderzureissen, sei gescheitert, sagte Genecand weiter. «Wir haben es mit einer Person zu tun, die ihre Verantwortung nicht wahrnimmt, die Institutionen schwächt und deren Legitimität angreift», fuhr er fort.
Am Freitag hatte sich die Parteileitung der Genfer FDP getroffen, um über das Schicksal Maudets zu beraten. An der Krisensitzung verzichtete sie jedoch auf einen Entscheid zu politischen Konsequenzen.
«Um Spannungen zu vermeiden, fanden wir es nicht ratsam, zur Reise von Pierre Maudet nach Abu Dhabi Position zu beziehen», sagte Alexander de Senarclens, Präsident der FDP Genf, nach Ende der Kristensitzung zu den Medien. Maudet war bei dem Treffen ebenfalls anwesend.
Am 6. Dezember wird eine ausserordentliche Generalversammlung der Genfer FDP zu diesem Thema stattfinden.
In der Zwischenzeit forderte eine Online-Petition Maudet zum Rücktritt auf. Am frühen Dienstagnachmittag hatten bereits über 5750 Personen die Online-Petition unterzeichnet.
«Wir glauben, dass Pierre Maudet nicht länger Staatsrat bleiben kann, weil wir ihm nicht mehr vertrauen. Dies gilt unabhängig vom Ausgang des Gerichtsverfahrens», hiess es vom Initiator der Petition auf dessen Webseite.
www.change.org/p/pierre-maudet-pierre-maudet-démission