Sorgenbarometer

Mehrere EU-Staaten klagen gegen Mobilitätspaket

19.11.2020, 09:37 Uhr
· Online seit 19.11.2020, 09:35 Uhr
Mehrere EU-Staaten haben beim EU-Gerichtshof (EuGH) Klage gegen das im Juli beschlossene Mobilitätspaket eingereicht. Bern steht den neuen Regeln des Mobilitätspakets grundsätzlich positiv gegenüber.
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Ziel des Mobilitätspakets ist es, Missstände wie etwa übermüdete LKW-Fahrer, manipulierbare Kontrollgeräte und Briefkastenfirmen im Osten zu bekämpfen.

Für die Schweiz sieht das Landverkehrsabkommen mit der EU gemäss Bundesamt für Verkehr (BAV) zwar keine Verpflichtung vor, die Regeln des Mobilitätspakets zu übernehmen. Doch der Bundesrat habe bereits darauf hingewiesen, dass eine Angleichung der Schweizer Gesetzgebung an jene der EU wichtig für ein gutes Funktionieren des Abkommens sei, hiess es seitens des BAV.

Letzten Monat reichten nun Bulgarien, Zypern, Ungarn, Litauen, Malta, Polen sowie Rumänien jeweils einzelne Klage beim EuGH gegen die neuen Regeln im Strassengüterverkehr ein. Lettland und Estland kündigten an, ebenfalls Klage einzureichen.

Wettbewerbsverzerrung befürchtet

In einem separaten Schreiben kritisieren die Transportminister aller neun Staaten die neuen Vorschriften als «unvereinbar mit EU-Recht». Ausserdem schränke es die Dienstleistungsfreiheit im EU-Binnenmarkt ein, heisst es in dem vom Internetportal Euractiv.com publizierten Schreiben weiter. Die Minister befürchten zudem Wettbewerbsverzerrungen.

Die beim EuGH eingereichten Klagen sind zwar im Moment nicht öffentlich einsehbar, doch zeigt das Schreiben deutlich, was genau am Mobilitätspaket den Staaten sauer aufstösst: Etwa die Regel, dass Unternehmen neu dort, wo sie registriert sind, in erheblichem Umfang tätig sein müssen.

Denn es gibt Transportunternehmen aus «teuren» EU-Staaten im Norden und Westen Europas, die Briefkastenfirmen in osteuropäischen Ländern haben, um so von den dortigen niedrigen Standards zu profitieren.

Ausserdem müssen die Lastwagen neu mindestens alle acht Wochen zum Betriebszentrum des Unternehmens zurückkehren, was die neun Minister explizit in ihrem Schreiben kritisieren.

Auf Entscheid des EuGH warten

Auch dürfte bei den neun EU-Staaten auf wenig Gegenliebe stossen, dass neu Lastwagen-Chauffeure ihre obligatorische Ruhephase am Ende einer Woche nicht mehr in ihrer Fahrerkabine verbringen dürfen, und die Arbeitgeber diese Übernachtungskosten übernehmen müssen. Zudem sollen die Fahrer alle drei oder vier Wochen nach Hause zurückkehren können.

Nun ist es am EuGH zu entscheiden, ob das Mobilitätspaket gegen EU-Recht verstösst und die Dienstleistungsfreiheit im EU-Binnenmarkt einschränkt. Bis ein Entscheid vorliegt, dürfte es jedoch noch einige Zeit dauern.

veröffentlicht: 19. November 2020 09:35
aktualisiert: 19. November 2020 09:37
Quelle: sda

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