Wegen des Kosovo-Krieges seien von 1998 bis 1999 etwa 80'000 Flüchtlinge aus dem Balkan in die Schweiz gekommen, sagte Gnesa, ehemaliger Sonderbotschafter für die Migration, in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung». Der Bund rechnet aktuell im Zuge des Ukraine-Krieges mit bis zu 60'000 Flüchtlingen.
Es sei Polen und weiteren osteuropäischen Staaten hoch anzurechnen, dass sie 1,7 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen hätten. Er bezweifle aber, dass diese Staaten den Flüchtlingsstrom noch lange bewältigen könnten. Der Zeitpunkt werde kommen, wo ein Verteilschlüssel innerhalb der EU ein Thema werde.
Die französische EU-Ratspräsidentschaft müsse diese Frage prüfen. Die Schweiz habe zurecht ihre Unterstützung angeboten. Europa könne die Flüchtlingskrise nur gemeinsam bewältigen. Ein völlig eigenständige Migrationspolitik sei eine Illusion. Die Schweiz habe schon bisher beim EU-Programm für Umverteilungen mitgemacht.
Die aktuelle Flüchtlingskrise könne die Schweiz bewältigen, auch wenn es schwierig werde. «Mit der Notfallplanung des Bundes und der Kantone, aber auch privaten Unterkünften, sind wir heute besser aufgestellt als während des Kosovo-Krieges», sagte Gnesa, der von 2009 bis 2017 Sonderbotschafter für die Migration war.
Eine wichtige Rolle werde die Integration spielen. Aus der Ukraine seien sehr viele Frauen geflüchtet. Es sei zu hoffen, dass sie in gewissen Mangelberufen wie in der Pflege oder in der Gastronomie rasch arbeiten könnten. Die Sprache sei jedoch ein Hindernis. Und auch die Qualifikationsnachweise dürften Schwierigkeiten bereiten.