Quelle: CH Media Video Unit / Silja Hänggi
Der Bundesrat nimmt das knappe Ja zur AHV-Reform mit «sehr grosser Bescheidenheit» zur Kenntnis, wie Sozialminister Alain Berset am Sonntag in Bern vor den Medien sagte. Für die anstehende Reform der zweiten Säule der Altersvorsorge forderte er Behutsamkeit.
Probleme noch nicht gelöst
Berset nannte das Abstimmungsergebnis einen wichtigen Schritt für die Stabilisierung der AHV. Die erste Säule der Altersvorsorge sei die wichtigste Sozialversicherung im Land und ein starkes Symbol der Solidarität. Die AHV sei für Rentnerinnen und Rentner ohne zweite und dritte Säule das wichtigste Einkommen.
«Mit der Reform sind nicht alle Probleme in der AHV gelöst», auch wenn man nun gelassener auf den demografischen Wandel blicken könne, fuhr Berset fort. Das knappe Ja sei ein Zeichen, dass auf die Minderheit gehört werden müsse. Mit Blick auf die im Parlament hängige Reform der beruflichen Vorsorge richtete er mahnende Worte ans Parlament.
Die Reaktionen zur AHV-Reform im Video:
Quelle: CH Media Video Unit / Silja Hänggi
Reformen der AHV sind schwierig
«Wir müssen für die Ungleichheiten Lösungen finden», sagte Berset und warf die Frage auf, ob die Reform der beruflichen Vorsorge so, wie sie zurzeit in den Räten diskutiert wird, mehrheitsfähig sein werde. Die Vorlage des Bundesrates und der Sozialpartner verbessere die Lage der Frauen und sei eine Errungenschaft.
Der Nationalrat nahm an der Vorlage jedoch Abstriche vor. Im Ständerat beugt sich zurzeit die vorberatende Kommission über das Projekt, das er im Juni auf eine Zusatzrunde geschickt hatte. Die knappe Zustimmung zur AHV-Reform ist für Berset ein Zeichen dafür, wie schwierig mehrheitsfähige Lösungen in der Altersvorsorge seien.
Der Aufschlag auf die Mehrwertsteuer komme zu einer Zeit da die Teuerung eine grosse Herausforderung darstelle, sagte Berset. Für die AHV-Rentnerinnen und -Rentner kündigte er für 2023 einen Teuerungsausgleich gemäss dem Mischindex von Lohnentwicklung und Teuerung an.
«Wir senden nicht sehr gute Signale für Konzerne aus»
Finanzminister Ueli Maurer bedauert, dass die «bescheidene Reform» zur Verrechnungssteuer nicht gelungen sei. «Wir senden damit nicht sehr gute Signale aus für internationale Konzerne aus.» Bundesrat und Parlament müssten für die Zukunft die Lehren ziehen.
Ganz offensichtlich schwinde in der Stimmbevölkerung das Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge, sagte Maurer am Abend des Abstimmungssonntags vor den Medien in Bern. Die Verrechnungssteuerreform habe erfolglos versucht, Mehreinnahmen für die Bundeskasse zu generieren und den Finanz- und Wirtschaftsplatz zu stärken. Der Hoffnungsschimmer sei, dass das Nein weniger deutlich gewesen sei als bei früheren Steuervorlagen.
Steuerreformen müssten besser geplant werden
Maurer plädierte dafür, künftige Steuerreformen besser zu planen. Das Timing sei wichtig. Die Verrechnungssteuerreform sei «in einem nicht sehr glücklichen Zeitpunkt» zur Abstimmung gekommen.
Zudem sei es wichtig, in Steuerfragen zu priorisieren. «Nicht jedes gesellschaftliche Problem kann mit einer Steuervorlage geändert werden», sagte der Finanzminister.
Dass die Ablehnung ein schlechtes Vorzeichen für die wahrscheinliche Abstimmung über die OECD-Mindeststeuer im nächsten Jahr sei, bezweifelte Maurer. Dieses Projekt bringe Mehreinnahmen. «Es würde mich dann schon erstaunen, wenn man Mehreinnahmen nicht will.»
(sda/jaw)