Wirtschaft

Mühleberg-Rückbau: «Bald so sicher wie noch nie»

08.01.2020, 11:09 Uhr
· Online seit 06.01.2020, 16:36 Uhr
Vor Weihnachten ist die erste AKW-Abschaltung gross gefeiert worden. Die BKW bat Mitarbeiter, Prominente und Medien zum Festakt nach Mühleberg. Wegen einer Ironie der Geschichte freuen sich AKW-Kritiker ab heute jedoch besonders.
Samuel Thomi
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Am heutigen ersten Arbeitstag des neuen Jahres sind die Mitarbeiter allein zurückgekehrt ins zweitälteste AKW der Schweiz. Ohne Medien und Begleitung von Prominenten. Sie müssen nun alles vorbereiten, dass bald mit dem effektiven Rückbau begonnen werden kann. Bis in 15 Jahren soll in Mühleberg schliesslich nichts mehr an die 47 Jahre dauernde Stromproduktion durch Kernspaltung erinnern.

«Es ist fast ein bisschen eine Ironie der Geschichte, dass das AKW bald so sicher sein wird wie noch nie», sagt Jürg Joss. Seit Fukushima hat der AKW-Kritiker mit seiner Organisation Fokus Anti Atom die Sicherheit des Brennelement-Beckens jahrelang kritisiert. Hauptforderung: eine unabhängige Kühlung. Nun, als Teil der Rückbau-Strategie der BKW, muss eine solche installiert werden. Also eine eigene, von der restlichen Anlage unabhängige Kühlung.

Ob dies noch Sinn macht, wenn das AKW Mühleberg ja bald nicht mehr sein wird? «Auf jeden Fall», beteuert Techniker Joss, der früher selber mal in einem AKW gearbeitet hat. «Denn bald schon, wenn der Reaktor entladen wird, wird dies ja wegen der strahlenden Brennelemente während einiger Jahre der gefährlichste Ort des Rückbaus sein.»

Denn beim von der BKW geplanten Rückbau von innen nach aussen bleibt das Risiko einer Kernschmelze vorderhand weiter bestehen. Als erstes werden die Brennelemente in ein Lagerbecken umgelagert, ehe sie ab kommendem Jahr in das nationale Zwischenlager in Würenlingen transportiert werden. Die definitive Lagerung der radioaktiven Abfälle für die Zeit danach ist bekanntlich noch offen.

Die BKW selber hält den Ball am ersten Tag des Rückbaus flach. «Die Leute sind heute einfach zur Arbeit gekommen», sagt BKW-Sprecher René Lenzin. Es sei nichts Spezielles geplant gewesen, ausser natürlich, dass der Rückbau nun beginne. Auch von Zwischenfällen sei ihm nichts bekannt; informiert werde wieder bei grösseren Fragen oder wenn Zwischenziele des Rückbaus wie geplant erreicht sind.

Neuland ist der Rückbau eines AKW auch für die Atomaufsicht. «Die Verantwortung für die Sicherheit des KKM liegt auch während der Stilllegung bei der Betreiberin BKW», hält Torsten Krietsch, Leiter Sektion Stilllegung beim Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi), auf der Website des Ensi fest. Das Ensi überwacht lediglich die Sicherheit und die Einhaltung der Vorgaben im Kernenergiegesetz.

Mit Vorarbeiten zum Rückbau hat das Ensi vor sechs Jahren begonnen. Damals gab die BKW auch die endgültige Abschaltung Mühlebergs aus wirtschaftlichen Gründen bekannt. Ziel: Bis in 15 Jahren soll das Areal neu genutzt werden können. Wie? Das lässt die BKW noch offen.

veröffentlicht: 6. Januar 2020 16:36
aktualisiert: 8. Januar 2020 11:09
Quelle: CH Media

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