Corona-Krise

Parmelin will Infrastrukturprojekte vorantreiben – die SNB nicht mehr zahlen

· Online seit 17.05.2020, 16:00 Uhr
Geht es nach Bundesrat Guy Parmelin, sollen bereits bewilligte Infrastrukturprojekte der öffentlichen Hand möglichst bald angegangen werden. Die SNB distanziert sich derweil von der Rolle als mögliche Finanziererin und hält den Franken mit Devisenkäufen unter Kontrolle.
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Die wirtschaftlichen Schäden der Coronapandemie sind gravierend. Zur Bekämpfung der sich anbahnenden Rezession will Wirtschaftsminister Parmelin Infrastrukturprojekte vorantreiben, wie er gegenüber der NZZ am Sonntag sagte. «Wir arbeiten diesbezüglich an einem Paket mit umsetzungsreifen Vorhaben».

Parmelin schwebt aber kein eigentliches Konjunkturprogramm vor, diese kämen meist zu spät. «Aber die öffentliche Hand kann zum Beispiel bereits bewilligte Projekte schneller vorantreiben, um den Firmen eine Perspektive zu geben», so Parmelin. Er denke dabei an Infrastrukturprojekte. Der Bundesrat solle zudem seinen Spielraum nutzen und bei den Ausschreibungen vor allem Schweizer Firmen berücksichtigen.

Mit der Umsetzung will der Bundesrat nicht mehr lange warten. Das Paket solle so schnell wie möglich kommen, sagte Parmelin. «Denn es ist nur schon psychologisch wichtig, dass die Leute wieder Zuversicht schöpfen und sehen, dass wir eine Strategie haben für die Zeit nach der Krise».

Maechler erteilt Hoffnungen auf SNB-Spritze eine Absage

In den vergangenen Wochen hatten sich Stimmen aus dem Parlament gemehrt, die zum Wiederbeleben der Wirtschaft ein umfangreiches Konjunkturprogramm forderten und die Schweizerische Nationalbank (SNB) als mögliche Finanziererin ins Spiel brachten. Diesen Hoffnungen erteilte die SNB am Wochenende eine Absage. Wie Andréa Maechler, Direktionsmitglied der SNB am Samstag gegenüber der NZZ sagte, habe man mit dem Bund vereinbart, die Gewinnausschüttung für die Jahre 2019 und 2020 auf maximal 4 Milliarden Franken zu begrenzen. Dies sei das oberste Limit. Eine Sonderausschüttung lehnt Maechler ab, weil dies der Geldpolitik der SNB entgegenlaufen würde.

Die SNB verfolgt aufgrund der aktuellen Lage eine expansive Geldpolitik und kauft verstärkt am Devisenmarkt ein. Dies erhöht laut Maechler nicht nur das Gewinn-, sondern auch das Verlustrisiko. Die Interventionen seien derzeit notwendig, um weiteren Schaden von der Schweizer Wirtschaft fernzuhalten. «Ohne unsere Interventionen würde die Wirtschaft nicht nur unter dem Lockdown leiden, sondern auch unter einem viel stärkeren Franken», so Maechler.

Freihandelsabkommen und keine Industriezölle mehr

Laut Bundesrat Guy Parmelin wird die wirtschaftliche Entwicklung ohnehin nicht nur von den Massnahmen der Schweiz abhängen, sondern auch stark vom internationalen Umfeld. Trotz Forderungen nach einem höheren Selbstversorgungsgrad der Schweiz und Kritik an der Globalisierung, müsse der Bund auch künftig sicherstellen, dass die Industrie weltweit Zugang zu Absatzmärkten habe, sagte Parmelin weiter. «Es scheint widersprüchlich, aber ich bin überzeugt, dass Freihandelsverträge nach der Krise noch wichtiger werden.» Die Schweiz werde sich sowieso nie zu hundert Prozent selber versorgen können, dafür sei sie zu gebirgig. «Wichtiger als der Selbstversorgungsgrad ist die Versorgungssicherheit».

Ein weiteres Instrument zur Entlastung der Wirtschaft sieht Parmelin in der Abschaffung der Industriezölle, über welche der Nationalrat im Juni entscheiden wird. Beim Bund würden 600 Millionen Franken an Einnahmen wegfallen. «International tätige Unternehmen profitieren von tieferen Kosten und weniger Bürokratie», sagte Parmelin. Damit würden sie konkurrenzfähiger, und könnten statt Zölle zu zahlen Arbeitsplätze schaffen. «Langfristig führt das zu mehr Steuereinnahmen und höheren Beiträgen in die Sozialversicherungen, insbesondere die AHV».

(gb.)

veröffentlicht: 17. Mai 2020 16:00
aktualisiert: 17. Mai 2020 16:00
Quelle: CH Media

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