Schweiz

Schweiz stuft Büro im autokratischen Weissrussland zur Botschaft auf

· Online seit 12.02.2020, 05:00 Uhr
Aussenminister Cassis eröffnet am Donnerstag in Minsk eine neue Botschaft. Die Aufwertung des bisherigen Botschaftsbüros soll helfen, die Zusammenarbeit mit Weissrussland zu vertiefen. Auch punkto Menschenrechte.
Dario Pollice und Samuel Thomi
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Bis anhin bestand die diplomatische Vertretung der Schweiz in Weissrussland lediglich aus einem sogenannten Botschaftsbüro. Doch je länger je mehr habe die vor zehn Jahren als «Übergangslösung» eröffnete Vertretung in Minsk nicht mehr den Realitäten und Bedürfnissen der Schweiz entsprochen. «Es gibt noch viel Potenzial», begründet das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in Bern auf Anfrage von CH Media die Aufwertung.

Am Donnerstag wird Aussenminister Ignazio Cassis die neue Botschaft offiziell eröffnen. Laut Mitteilung des EDA vom Montag wird dies auch der erste offizielle Arbeitsbesuchs eines Bundesrats in Weissrussland sein.

Beschlossen hatte der Bundesrat die neue Botschaft bereits im letzten Jahr. Und zwar aufgrund von intensiveren bilateralen Beziehungen in den letzten Jahren, wie das EDA schreibt. 2016 hatte die Schweiz wie die EU ihre Sanktionen gegen Belarus zum grössten Teil aufgehoben. Finanziell und personell soll die Botschafts-Aufwertung keine Konsequenzen haben. Die Geste ist laut EDA viel mehr symbolischer Natur. Und «auch Symbole», so stellt ein Sprecher fest, seien «in den zwischenstaatlichen Beziehungen wichtig». Mit der neuen Botschaft in Minsk wird das Schweizer Aussennetz neu 103 Botschaften zählen.

«Schweiz engagiert sich seit Jahren für Menschenrechte»

Doch wie sieht es mit der Symbolik in Bezug auf die Menschenrechte aus? Wird Weissrussland doch immer immer wieder als «letzte Diktatur Europas» kritisiert. «Die Schweiz engagiert sich seit Jahren für eine bessere Einhaltung der Menschenrechte in Belarus», hält ein EDA-Sprecher fest. So sei beispielsweise im vergangenen September ein Expertenaustausch zum Thema Folterprävention durchgeführt worden.

Seit 1994 sitzt Autokrat Aleksander Lukaschenko als Präsident an der Spitze der Ex-Sowjetrepublik. Die Menschenrechtslage in dem Land wird von Nichtregierungsorganisationen immer wieder heftig kritisiert. So vollstreckt Weissrussland etwa als einziger Staat in Europa noch immer Todesurteile. Und freie Wahlen nach westeuropäischen Standards gibt es nicht. Beobachter gehen davon aus, dass sich der 65-jährige Lukaschenko als amtsältester amtierender Regierungsvertreter Europas sich im laufenden Jahr erneut der Wiederwahl stellen wird.

Bilaterale Gespräche mit Präsident Lukaschenko

Bei seinem morgigen Arbeitsbesuch wird der Schweizer Aussenminister laut EDA auch Lukaschenko und den weissrussischen Aussenminister zu bilateralen Gesprächen treffen. Zudem würden Nationalrat Andreas Aebi (SVP/BE) sowie die alt-Parlamentarier Margret Kiener Nellen (SP/BE) und Filippo Lombardi (CVP/TI) Bundesrat Cassis auf dessen Reise als Vertreter der Parlamentarischen Gruppe Schweiz–Weissrussland begleiten.

Bei den Gesprächen soll es laut EDA auch um die Zusammenarbeit im Bereich Menschenrechte und die Situation in der Region gehen. Sei doch Weissrussland seit dem Ausbruch des Konflikts in der Ostukraine vor sechs Jahren und der Aufnahme der sogenannten Minsker Verhandlungen «immer bekannter als Organisatorin verschiedener Konferenzen und Diskussionsrunden» zum Thema Europäische Sicherheit geworden. Weissrussland positioniere sich als Brückenbauer zwischen verschiedenen Lagern. «Die Schweiz», so hält das EDA in seiner Stellungnahme fest, «schätzt diese Rolle und unterstützt Belarus in seinen Bestrebungen».

veröffentlicht: 12. Februar 2020 05:00
aktualisiert: 12. Februar 2020 05:00
Quelle: CH Media

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