Quelle: Bundeshaus-Redaktion
Da waren der Erpressungsversuch einer ehemaligen Geliebten, der französische Luftwaffeneinsatz gegen den Hobbypiloten Berset, die Verhinderung einer Handyantenne in der Nähe seines Wohnhauses – und zuletzt die Corona-Leaks. Immer stand die SP zu ihrem Bundesrat, obwohl er abermals für Negativschlagzeilen sorgte. Das ist jetzt anders. Denn es geht um die grundsätzliche Wertehaltung in der aktuell grössten Krise, dem Krieg gegen die Ukraine.
Heftige Kritik von den Parteispitzen
Alain Berset, der den russischen Angriff an anderer Stelle verurteilte, sagte in der «NZZ am Sonntag», er spüre in gewissen Kreisen und Ländern einen Kriegsrausch, und es wäre besser, bald mit Russland zu verhandeln. Für FDP-Vizepräsident Andrea Caroni ist klar: «Mit dem Kriegsrausch meint er nicht den Höllenfürsten Wladimir Putin, sondern jene, die der angegriffenen Ukraine helfen». Mitte-Präsident Gerhard Pfister sekundiert: «Dieses Narrativ wird von jenen bemüht, die Russland einseitig unterstützen.»
Beide fordern vom Bundespräsidenten, sich für seine Aussagen zu erklären. Diebisch freut sich derweil SVP-Nationalrat Roger Köppel: «Ich muss Alain Berset meine uneingeschränkte Zustimmung offerieren», sagt er gegenüber der Today-Redaktion mit Blick auf Bersets Aussagen zu Waffenlieferungen, der Schweizer Neutralität und einem angeblichen Kriegsrausch.
SP-Leitung geht auf Distanz zu Berset
Die SP-Parteileitung hat ihren Bundesrat unterdessen zur Aussprache zitiert. Es wurde darüber geredet, was in der Ukraine passiert und wie ein Weg aus der Krise gefunden werden kann. Cédric Wermuth bilanziert nach dem Gespräch: «Wir haben eine fundamental andere Einschätzung. Das Hindernis für Frieden in Europa ist Wladimir Putin, und die Ukraine hat das Recht, sich auch militärisch zu verteidigen», es gebe keinen Zweifel an dieser Haltung seiner Partei. Eine Distanzierung vom eigenen Bundesrat, die ihresgleichen sucht.
«Er wird sich überlegen, was er jetzt macht»
Alain Berset will heute seine Aussagen nicht kommentieren. Cédric Wermuth meint: «Er hat das Interview gegeben und wird sich überlegen, was er jetzt macht. Ich bin nicht der Sprecher von Alain Berset». Wenn man sich in der SP-Fraktion umhört, merkt man: Die Stimmung gegenüber Bundesrat Berset ist auf dem Tiefpunkt. Dies ausgerechnet im Wahljahr. Ob er nächstes Jahr noch Bundesrat ist, darf zumindest mehr bezweifelt werden als auch schon.
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